NEUES LEITMOTIV

Die New Paradigm Papers des Monats Mai

Einmal im Monat präsentiert das Forum New Economy eine Handvoll ausgewählter Forschungsarbeiten, die den Weg zu einem neuen Wirtschaftsparadigma weisen.

VON

LUCY SAREMBA

VERÖFFENTLICHT

15. MAI 2024

LESEDAUER

5 MIN

Sind wir schon fragmentiert? Messung der geopolitischen Fragmentierung und ihrer kausalen Effekte

Jesús Fernández-Villaverde, Tomohide Mineyama und Dongho Song

Die zunehmende weltweite wirtschaftliche Integration hat dazu geführt, dass die Weltwirtschaft fragmentiert ist. In ihrer jüngsten Studie analysieren die Autoren diese globale wirtschaftliche Fragmentierung, indem sie verschiedene empirische Indikatoren verwenden, um einen Index der geopolitischen Fragmentierung einzuführen.

Sie kommen zu dem Schluss, dass ein höherer Grad an Fragmentierung negativ auf die Weltwirtschaft auswirkt – wobei Schwellenländer stärker betroffen sind als fortgeschrittene Volkswirtschaften.

Darüber hinaus zeigen die Autoren eine Asymmetrie auf – so kommen die Vorteile einer Verringerung der Fragmentierung erst allmählich im Laufe der Zeit zum Tragen, während die Fragmentierung der Weltwirtschaft unmittelbar schadet.

Sie führten auch eine sektorale Analyse innerhalb der OECD-Volkswirtschaften durch, die die negativen Auswirkungen auf Branchen wie das Baugewerbe und den Einzelhandel veranschaulicht – also Branchen, die eng mit den globalen Märkten verbunden sind.

DIE GANZE STUDIE

 

Wie weit sind wir von der Vollbeschäftigung entfernt? Das europäische Arbeitslosigkeitsproblem neu beleuchtet

Meryem Gökten, Philipp Heimberger, Andreas Lichtenberger

In dieser Studie werden die Abweichungen von der Vollbeschäftigung in den EU-Ländern analysiert und mit den USA und dem Vereinigten Königreich verglichen. Als Maß für die Vollbeschäftigung wird die Beveridge-Kurve verwendet. Diese zeigt die Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und offenen Stellen. Sie gibt das Niveau der Arbeitslosigkeit an, das die nichtproduktive Verwendung von Arbeitskräften minimiert.

Die Autoren zeigen, dass es in den 1970er Jahren in den ausgewählten EU-Ländern (Deutschland, Österreich, Finnland, Schweden) Vollbeschäftigungsperioden gab. Das Problem der Arbeitslosigkeit trat in Europa erst in den 1980er und 1990er Jahren auf.

Die Vollbeschäftigungslücke – also die Differenz zwischen der tatsächlichen Arbeitslosigkeit und der BECRU – verringerte sich im Vorfeld der globalen Finanzkrise, während sie sich während der Großen Rezession wieder vergrößerte.

Sie stellen auch fest, dass der Arbeitsangebotsüberschuss im Laufe der Covid-Pandemie zunächst zunahm und mit der Erholung von der Pandemie wieder abnahm. Allerdings haben nur wenige Länder nach der Pandemie Vollbeschäftigung erreicht.

Mit Hilfe von Panelregressionen zeigen die Autoren, dass strukturelle, makroökonomische und politische Faktoren sowie Arbeitsmarktinstitutionen und Hysterese zur Erklärung der Vollbeschäftigungslücken beitragen.

DIE GANZE STUDIE

 

Die Kosten des Geldes sind Teil der Lebenshaltungskosten: Neue Belege für die Anomalie der Verbraucherstimmung

Marijn A. Bolhuis, Judd N. L. Cramer, Karl Oskar Schulz, Lawrence H. Summers

Obwohl die Inflation sinkt und die Arbeitslosigkeit niedrig ist, bleiben die Verbraucher unzufrieden. Doch woran liegt das?

Laut den Autoren dieser Studie erklären die Kosten für die Kreditaufnahme einen großen Anteil. Diese Kosten sind in letzter Zeit viel stärker gestiegen als in früheren Jahrzehnten und sind in keinem der herkömmlichen Preisindizes enthalten. Nach Ansicht der Autoren könnte dies erklären, warum eine Kluft zwischen den von Wirtschaftswissenschaftlern verwendeten traditionellen Messgrößen wie Inflation und Arbeitslosigkeit und den tatsächlichen Kosten für die Verbraucher besteht.

Sie finden eine starke Korrelation zwischen der Unzufriedenheit der Verbraucher in den USA, die nicht durch Inflation und Arbeitslosigkeit erklärt werden kann, und den Kosten für das Leihen von Geld sowie dem Angebot an Verbraucherkrediten. Die Besorgnis über die Kreditkosten hat kürzlich einen neuen Höchststand erreicht.

Die Autoren entwickeln alternative Messgrößen für die Inflation, in denen sie Kreditkosten einschließen. Mithilfe dieser Maße können sie fast drei Viertel des Unterschieds in der Verbraucherstimmung im Jahr 2023 erklären.

Außerdem finden sie eine starke Korrelation zwischen den Diskrepanzen und den Veränderungen der Zinssätze.

DIE GANZE STUDIE

 

Die Finanzarchitektur der EU zukunftsfähig gestalten – Impulse für die EU-Reformdebatte

Philipp Heimberger, Margit Schratzenstaller

Die Bekämpfung des Klimawandels erfordert einen Umbau der europäischen Finanzarchitektur. In diesem Policy Paper zeigen die Autoren vor, wie diese Umgestaltung aussehen könnte.

Massive Investitionen sind notwendig, damit die EU ihre Klimaziele erreichen, die öffentliche Daseinsvorsorge sichern, die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen kann.

Laut den Autoren sind hierfür europäisch koordinierte Finanzierungsinstrumente nötig. Auf EU-Ebene sollte das fiskalpolitische Ziel sein, grenzüberschreitende grüne Investitionen mit Mehrwert für die EU zu ermöglichen. Darüber hinaus müssen bestehende Sektoren zukunftsfähig gemacht und Zukunftstechnologien in Europa produziert werden, was durch eine koordinierte Industriepolitik erreicht werden kann.

Die EU-Mitgliedsstaaten sollen durch grüne Investitionen den Ausbau einer sozial-ökologischen Infrastruktur voranbringen, die zum Gelingen der sozial-ökologischen Transformation dringend benötigt wird.

Im Kern machen die Autoren drei konkrete Vorschläge, wie eine zukunftsfähige europäische Finanzarchitektur aufgebaut werden kann. Erstens: Der mehrjährige Finanzrahmen muss angepasst werden. Zweitens: Es sollten dauerhafte EU-Investitionsfonds eingeführt werden. Drittens: Neue nachhaltigkeitsorientierte EU-Eigenmittel müssen etabliert werden.

DIE GANZE STUDIE

 

Ökonomie der Energieinnovation und des Systemwechsels: Synthesebericht

Michael Grubb et al

Im Rahmen des Projekts Economics of Energy Innovation and System Transition (EEIST) haben die Autoren analytische Konzepte und Methoden im Kontext von Innovation und Strukturwandel entwickelt, die für politische Entscheidungsträger nützlich sein könnten. Dieser Bericht stellt einige der wichtigsten Ergebnisse des Projekts dar.

Laut den Autoren besteht im Rahmen der Dekarbonisierung die Herausforderung in der Entscheidung, bei der kohlenstoffärmere Investitionspfade tiefgreifende systemische Veränderungen in vielen Sektoren erfordern.

Sie finden heraus, dass die Maßnahmen, die Investitionen in aufstrebende Technologien fördern, die erfolgreichsten sind, und schlagen eine Chancen-Risiko-Analyse sowie Prinzipien für den Wandel vor – unter anderem, dass Regierungen investieren und regulieren sollen, um Technologiekosten zu senken und die Risiken aktiv managen sollten, um Investitionen anzuziehen.

Die Autoren betonen, dass ein zunehmender Bedarf an empirischen Modellen, die die sich entwickelnde Wirtschaft, den technologischen Wandel und ein breites Spektrum politischer Optionen realistisch abbilden und die Auswirkungen des kohlenstoffarmen Übergangs auf Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum, Finanzen und Handel besser erklären und vorhersagen können.

Außerdem heben sie hervor, dass es einen intellektuellen Wandel in der Wirtschaft bedarf, um die Energiewende meistern zu können.

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Nach ein paar Jahrzehnten allzu naivem Marktglaubens brauchen wir dringend neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – und mehr: ein ganz neues Paradigma als Leitfaden. Wir sammeln alles zu den Leuten und der Community, die sich mit dieser großen Frage beschäftigen, sowie mit der historischen wie heutigen Wirkung von Paradigmen und Narrativen – ob in neuen Beiträgen, Auftritten, Büchern und Veranstaltungen.

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