NEUES LEITMOTIV
Die New Paradigm Papers des Monats November
Einmal im Monat präsentiert das Forum New Economy eine Handvoll ausgewählter Forschungsarbeiten, die den Weg zu einem neuen Wirtschaftsparadigma weisen.
VON
DAVID KLÄFFLINGVERÖFFENTLICHT
21. NOVEMBER 2025LESEDAUER
5 MIN.
How buy-European rules can help save Europe’s car industry
Nils Redeker, Sander Todoir, Lucas Guttenberg
Europas Autoindustrie steht – nicht ganz unverschuldet – unter massivem Druck: Chinesische Exporte und US-Zölle steigen, während die Inlandsnachfrage stagniert (20 % unter dem Vor-Pandemie-Niveau). Statt regulatorischen Rückwärtsrollen und nationalen Alleingängen, plädieren die Autoren für eine klar europäische Strategie: Die EU sollte die Kraft ihres Binnenmarkts nutzen und Verbraucherförderungen durch eine „Buy-European“-Klausel bündeln. Diese könnte für private wie auch für Unternehmensflotten gelten und als Basis für gegenseitige Elektrofahrzeug-Subventionsabkommen mit vertrauenswürdigen Handelspartnern dienen. Das Zeitfenster ist günstig: Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien müssen in den kommenden Monaten ihre Förderprogramme erneuern – gemeinsam stehen sie für 70 % der europäischen Neuzulassungen. Ein koordinierter Ansatz könnte die gesamte Branche stabilisieren.
Other Revenue for the EU Budget – Status Quo and Potential
Margit Schratzenstaller, Philipp Heimberger, Veronika Kubeková, Margarita Sanz
Während die Debatten über die Zukunft der EU-Finanzierung intensiver werden, rückt eine bislang wenig beachtete Kategorie stärker in den Fokus: „Other revenue“. Das sind Gelder, die aus der normalen Tätigkeit der EU entstehen, etwa aus Geldbußen gegen Unternehmen, Zinseinnahmen, Rückflüssen aus EU-Programmen, Einnahmen aus dem NGEU-Kriseninstrument oder Erträgen im Zusammenhang mit immobilisierten russischen Vermögenswerten. Diese Einnahmen machen nur einen kleinen Teil des EU-Budgets aus, könnten aber eine größere Rolle spielen, wenn traditionelle Eigenmittel unter Druck geraten. Das Papier bietet einen systematischen Überblick über Definitionen, Kategorien und langfristige Entwicklungen dieser Einnahmen. Zudem werden Optionen diskutiert, wie bestehende und potenzielle neue Quellen genutzt werden könnten, um die finanzielle Autonomie der EU zu stärken.
Capital and Labor Income Mobility
Marco Ranaldi, Joël Bühler, Roberto Iacono
Wie wichtig sind Kapitaleinkommen für Einkommensmobilität? Die Autoren nutzen umfassende Einkommensregister aus Norwegen über 26 Jahre, um die Dynamik der intragenerationalen Einkommensmobilität zu analysieren. Die Ergebnisse sind klar: Mobilität nach oben wird vor allem durch steigende Arbeitseinkommen (und gemeinsame Aufwärtsbewegungen von Kapital und Arbeit) getrieben. Mobilität nach unten hingegen ist primär durch fallende Kapitaleinkommen geprägt. Die Studie entwickelt einen neuen konzeptionellen Rahmen und liefert wichtige empirische Einblicke in die Rolle von Kapital, Arbeit und „homoploutia“ (hohe Korrelation von Lohn- und Kapitaleinkommen) in Ungleichheitsdynamiken — national wie global.
Price Shocks are Redistribution Shocks
Jesús Lara Jáuregui, Isabella M. Weber, Luiza Nassif Pires, Lucas Teixeira
Preisveränderungen sind nicht neutral – sie können Ungleichheit massiv beeinflussen. Eine neue Studie von Isabella Weber und Co. entwickelt ein neues empirisches Framework, das anhand von Warenkorbanalysen simuliert, wie sektorale Preisschocks die Einkommensverteilung verändern. Einige Sektoren – Energie, Lebensmittel und Landwirtschaft, Gesundheit, Chemie sowie teilweise Großhandel und Wohnungswesen – haben eine besonders starke Wirkung: Steigen „ungleichheitsrelevanten“ Sektoren stark mit den „inflationsrelevanten“ überlappen. Ihre Schlussfolgerung: Traditionelle Geldpolitik stößt bei angebotsgetriebenen Preisschocks an Grenzen – sektorale Preisstabilisierung wird zentral.