NEUES LEITMOTIV
Recap: New Economy Short Cut mit OECD zu Klimapolitik und Arbeitsplätzen
Welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen helfen, Strukturbrüche und Entlassungswellen in der Transition hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu verhindern? Darüber haben wir mit Jonas Fluchtmann und Anke Hassel gesprochen.
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FORUM NEW ECONOMYVERÖFFENTLICHT
4. DEZEMBER 2024LESEDAUER
5 MINDie Krise der deutschen Autoindustrie lässt erahnen, was passiert, wenn der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft schiefgeht. Wie sich regional konzentrierte Strukturbrüche und Entlassungswellen verhindern lassen, haben die Ökonomen der OECD in ihrem „Employment Outlook“ im Sommer analysiert – eine Herausforderung, die auch die nächste Bundesregierung beschäftigen wird.
Welche Regionen und Beschäftigte werden von der Transformation besonders betroffen sein? Und mit welchen Maßnahmen ließen sich die Chancen bestmöglich nutzen und negative Auswirkungen möglichst vermeiden? Welche Rolle könnten die Sozialpartner dabei spielen?
Darüber haben wir bei unserem letzten New Economy Short Cut2 gesprochen mit Jonas Fluchtmann, Co-Autor des OECD-Berichts – und mit der Arbeitsmarktexpertin Anke Hassel, die sich in einer Studie vor Kurzem ebenso damit beschäftigt hat.
Beschäftigungseffekte der Transformation
Wie Jonas Fluchtmann in seinem Impulsvortrag beschrieb, sind die Nettoauswirkungen der grünen Transformation auf die aggregierte Beschäftigung zwar relativ überschaubar (in den emissionsintensivsten Branchen, die 80% der Emissionen ausmachen arbeiten nur 7% der Beschäftigten). Dennoch sind die Effekte regional hoch konzentrierter Arbeitsplatzverluste nicht zu unterschätzen. Grund dafür sind vor allem die signifikanten und dauerhaften Einkommensverluste, die in den betroffenen Sektoren besonders hoch sind. Die OECD-Analyse zeigt, dass geschäftsbedingte Entlassungswellen in diesen Sektoren in Deutschland mit 16% höheren Einkommensverlusten einhergehen als in anderen Branchen – im OECD-Durchschnitt sind es sogar 24%. Grund dafür ist das höhere Lohnniveau in vom Strukturwandel betroffenen Branchen, das auf traditionell hohe Profitabilität und einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad zurückzuführen ist. Das erhöht die Anpassungskosten, nicht zuletzt durch eine geringere Akzeptanz von und Bereitschaft zur Transformation.
Anke Hassel verwies in ihrer Präsentation auf die großen regionalen Unterschiede. Nimmt man lediglich den Anteil der Schwer- und Automobilindustrie zur Hand, gibt es eine starke regionale Konzentration in Mittel-Osteuropa und auch in der Region um Braunschweig (linke Grafik). Dieses Bild ändert sich allerdings unter Berücksichtigung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten auf regionaler Ebene (rechte Grafik). Das Problem der schwierigen Substituierbarkeit von Arbeitsplätzen, da auch ähnliche Tätigkeiten in verwandten Bereichen häufig wegfallen, ist vor allem in Süd- und Südosteuropa stark konzentriert. Zudem zeige sich, dass Länder und Regionen mit relativ niedrigen Investitionen in allgemeine Qualifikationen und Bildung stärker vom Strukturwandel betroffen sind.
“Wenn man Vulnerabilität nicht nur … [über] die Branchen mit emissionsstarken Industrien definiert, sondern auch [über] Alternativbeschäftigung, dann findet man auf einmal eine ganz andere Landkarte.”
Welche Maßnahmen sind für einen erfolgreichen Strukturwandel notwendig?
- Anpassungskosten reduzieren: Instrumente wie Transfergesellschaften können dabei helfen, Arbeitsmarktanpassungen effizienter zu gestalten.
- Einkommenssicherungssysteme stärken: Betroffene Arbeitnehmer sollten für ihre Einkommensverluste (teilweise) kompensiert werden.
- Aktivierungsmaßnahmen fördern: Umschulungen und Weiterbildungen können den Übergang in neue Berufe erleichtern.
Laut Jonas Fluchtmann sind Weiterbildungsmaßnahmen vor allem für niedrig qualifizierte Beschäftigte relevant, während höher Qualifizierte weniger Probleme bei der Anpassung haben.
“Es gibt einige Skills, die müssen verbessert werden, aber es ist nicht, dass man von null startet. Bei höher qualifizierten Fachkräften sind die Unterschiede relativ gering, wodurch die Übergänge leichter sind. […] Die Probleme treten wirklich nur für die geringer qualifizierten Arbeitnehmer auf.”
Für einen erfolgreichen Strukturwandel ist vor allem pro-aktive Regionalpolitik entscheidend, um regionale Disparitäten zu adressieren. Dabei kann auch die EU-Kohäsionspolitik eine zentrale Rolle spielen, um benachteiligte Regionen zu fördern und den Übergang sozial gerecht zu gestalten.