DER STAAT

Den World Bank Doing Business Index neu denken

Aus seiner Erfahrung im Expertengremium für eine grundlegende Überarbeitung des Doing-Business-Projekts der Weltbank berichtete Alan Auerbach über die wichtigsten methodischen Bedenken.

VON

MAREN BUCHHOLTZ

VERÖFFENTLICHT

30. MAI 2022

LESEDAUER

2 MIN.

Die Nachrichten über Datenmanipulationen im „Doing Business“-Bericht brachten die Weltbank im vergangenen Herbst in die Schlagzeilen und trugen zu der Entscheidung bei, die Methodik grundlegend zu überarbeiten. Eine neue Version des Index soll 2023 veröffentlicht werden. Der Entwurf des Konzepts für diesen neuen „Business Enabling Environment“-Bericht (Weltbank 2022) sieht eine ausgewogene Vertretung öffentlicher und privater Akteure vor und folgt damit den Empfehlungen des im letzten Jahr veröffentlichten Expertengremiums (Alfaro et al 2021).

Einer der Autoren, Professor Alan Auerbach (UC Berkeley), erläuterte die Hauptkritikpunkte an der Methodik der Bank als Teil unseres X New Paradigm Workshops zur Rolle des Staates am 24. und 25. Mai in Berlin.  Zum einen lege der Steuer-Indikator zu viel Wert auf das Geschäftsklima und biete einen grundsätzlichen Anreiz für Steuersenkungen. Prof. Auerbach erklärte, dass die Bank zwar in der Vergangenheit die Methode geändert habe, um einen Abwärts-Wettlauf bei den Unternehmenssteuern zu verhindern, dass sie aber den insgesamt unternehmensfreundlichen Ansatz nicht in Frage gestellt habe, der dazu neige, die positive Rolle der öffentlichen Einnahmen bei der Ermöglichung von Unternehmenstätigkeit zu unterschätzen.

Ein weiterer strittiger Punkt war der Arbeitsmarkt-Indikator, dessen Wiedereinführung das Expertengremium empfahl. Durch die vorübergehende Aussetzung der Messung dieses Indikators hatte die Bank die schwierige Diskussion über den Zielkonflikt zwischen Arbeitsmarktflexibilität und Arbeitnehmerschutz vermieden. Die Expertengruppe forderte das „Doing Business“-Projekt auf, zusätzliche Aspekte wie die Gleichstellung der Geschlechter, die wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe und die große Bedeutung der informellen Wirtschaft in den Entwicklungsländern zu berücksichtigen. Für beide Indikatoren empfahl die Expertengruppe eine Datenerhebung ohne explizites Länderranking. Ala Auerbach berichtete, dass es innerhalb der Expertengruppe Ambivalenzen in der Frage der Aggregation gab: Während es für die Mitarbeiter der Weltbank besser sein könnte, den aggregierten Index zu veröffentlichen, da interessierte Einzelpersonen und/oder Unternehmen dies andernfalls tun würden, hat das Länderranking in der Vergangenheit zu einem unnötigen Wettbewerb zwischen Staaten geführt.

Unabhängig von der Frage des Rankings sind die im Rahmen des Doing-Business-Berichts gesammelten Daten nach Ansicht von Prof. Auerbach nach wie vor eine wertvolle Informationsquelle, insbesondere in Bezug auf den Aspekt der guten Regierungsführung. Die Weltbank könne das verlorene Vertrauen zurückgewinnen, indem sie den neuen Bericht mit mehr Transparenz in Bezug auf ihre Methodik durchführe und sich einer klareren Definition in Bezug auf die zugrundeliegenden Zielkonflikte zwischen der Förderung der Wirtschaft einerseits und der Förderung des gesellschaftlichen Wohlergehens andererseits stelle.

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Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

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