KLIMA

Moderne Klimapolitik

Tom Krebs, Eric Lonergan, Brigitte Knopf und Jörg Peters über die Notwendigkeit einer modernen Klimapolitik jenseits des CO2-Preises beim X New Paradigm Workshop.

VON

SONJA HENNEN

VERÖFFENTLICHT

2. JUNI 2022

LESEDAUER

4 MIN

Klimapolitik, die modern sein will,  braucht viel mehr als das vermeintliche Allheilmittel eines CO2-Preises. Vielmehr muss sie mit massiven öffentlichen Investitionen in grüne Infrastrukturen wie Wasserstoff beginnen. Dies sind die Kernthesen von Tom Krebs in einer Studie, die er derzeit als Forum Working Paper vorbereitet. Die Thesen wurden auf unserem X New Paradigm Workshop zur Rolle des Staates mit Brigitte Knopf, Eric Lonergan und Jörg Peters diskutiert.

Laut Tom Krebs ist die Notwendigkeit eines entschlossenen Vorgehens gegen den Klimawandel zwar weltpolitischer Konsens, die Anpassungskosten an eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft sind jedoch noch zu wenig bekannt. Darüber hinaus werden politische Instrumente, die über die Bepreisung von Kohlenstoff hinausgehen, in den traditionellen klimapolitischen und öffentlichen Debatten bisher zu oft vernachlässigt. Wo diskutiert wird, geht es um die Frage, ob die derzeitigen Kohlenstoffpreise ausreichen, um wahre Anpassungseffekte auszulösen. Was die Klimapolitik vielmehr bräuchte, ist nach der Analyse von Tom Krebs jedoch ein Vier-Komponenten-System aus öffentlichen Infrastrukturinvestitionen, dem CO2-Preis, und Industrie- und Arbeitspolitik. Jörg Peters ergänzte die Bedeutung der normativen Dimension der Debatte: Die sozialen Kosten des CO2-Preises sollten ein Maßstab dafür sein, welche wirtschaftspolitischen Vorschläge als sinnvoll erachtet werden können und welche nicht.

Eric Lonergan argumentierte hingegen, dass uns in der Klimapolitik nicht nur entscheidende politische Komponenten fehlen, sondern wir das völlig falsche Kapitel im Lehrbuch lesen würden. Die traditionelle Wirtschaftswissenschaft konzentriere sich zu sehr auf die Berücksichtigung externer Effekte, um Emissionen zu reduzieren. Dies werde durch die Tatsache begünstigt, dass die Öffentlichkeit sehr empfänglich für das Narrativ sei, wonach „der Verursacher zahle“. Was dabei jedoch fehle, sei eine klare Diagnose des Problems und die Frage, wie man es am effektivsten bekämpfen kann. Das Ziel müsse es sein, Strom auf nachhaltige Weise zu erzeugen und dann in einem zweiten Schritt die gesamte Wirtschaft zu elektrifizieren. In diesem Sinne sollten eine Regulierung der Versorgungsmechanismen und -technologien (z.B. ein Verbot von Kohleöfen) und die Senkung der Kapitalkosten für nachhaltige Alternativen das Endziel einer modernen Klimapolitik sein.

Die grüne Alternative sollte immer günstiger sein.

Brigitte Knopf war die Einzige unter den Diskutanten, die die Auffassung vertrat, dass der CO2-Preis in einer richtig konzipierten Form ein ausreichendes und wirksames Instrument zur Bewältigung der Klimakrise sei. Das eigentliche Problem sei nicht der CO2-Preis, sondern die unzureichende Berücksichtigung der Verteilungsfolgen. Daher würden starke Institutionen benötigt, um ein glaubwürdiges Engagement gegen die Klimakrise und für den CO2-Preis, sowie gut konzipierte sektorale Politikpakete zu gewährleisten.

Die ganze Diskussion als Re-live

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Zu Hochzeiten des Glaubens an die Märkte galt als bestes Mittel gegen die Klimakrise, an den Märkten einen CO2-Preis aushandeln zu lassen. Heute ist zunehmend Konsens, dass das nur bedingt funktioniert - und es weit mehr braucht, als nur einen Preis.

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