DER STAAT

Wie den Staat verbessern

Fritzi Köhle-Geib, Max Krahé, Thurid Hustedt und Erkki Karo über die Neugestaltung eines modernen und pro-aktiven Staates.

VON

DAVID KLÄFFLING

VERÖFFENTLICHT

7. JUNI 2022

LESEDAUER

5 MIN

Ein eng mit der Frage, wann der Staat Aufgaben vom Markt übernehmen sollte, verbundenes Thema ist die Qualitätsdimension staatlicher Aktivitäten. Wie kann der Staat handlungsfähiger werden? Wenn ein moderner und pro-aktiver Staat dort tätig werden muss, wo Märkte nicht (mehr) die gewünschten Ergebnisse liefern können, muss er in der Lage sein, diese auch zu liefern.

Dieses Problem wurde in der dritten Session des X New Paradigm Workshop von Thurid Hustedt, Errki Karo, Fritzi Köhle-Geib, und Max Krahé diskutiert. Das Podium vereinte diverse Perspektiven und ermöglichte so einen multidimensionalen Blick auf die Frage, wie staatliche Handlungsfähigkeit gesichert werden kann.

Thurid Hustedt (Prof. für öffentliche Verwaltung an der Hertie School) eröffnete die Sitzung mit einem Vortrag über den Stand des Denkens über die öffentliche Verwaltung und ihre historische Entwicklung. Während in den 1990er Jahren der Schlanke Staat, der auf Privatisierung drängt, das vorherrschende Paradigma war und in den 2000er Jahren der Aktivierende Staat im Vordergrund stand, hätte sich seit den 2010er Jahren eine neue Denkweise über den Staat etabliert: Innovation im öffentlichen Sektor. Laut Hustedt ist Innovation angesichts der „wicked problems“, mit denen die politischen Entscheidungsträger heute konfrontiert sind, besonders relevant geworden.

Erkki Karo (Direktor des Ragnar Nurkse Department of Innovation and Governance an der Technischen Universität Tallin) schlug in seinem Vortrag vor, dass sich die öffentliche Verwaltung noch über das Innovationsparadigma hinaus weiter entwickelt hat. Innovation würde nicht mehr rein als privat-öffentliche Partnerschaft zur effizienten Lösung von Problemen verstanden, sondern eher als Mittel zum Zweck, um gesellschaftliche Ziele zu erreichen.

Die Narrative rund um die Innovation und die Rolle des Staates verändern sich sogar noch weiter. In diesem Zusammenhang wandelt sich Innovation auch von einem eher technokratischen Begriff zu einem sehr politischen Begriff.
Erkki Karo

Der Staat übernimmt nicht mehr nur das simple Korrigieren von Marktversagen, sondern schafft Märkte und gibt ihnen eine Richtung vor. Und da Innovation eng mit Politik verwoben ist, würden unterschiedliche politische Kontexte und politische Legitimität für Fragen der öffentlichen Verwaltung entscheidend.

Fritzi Köhler-Geib (Chefvolkswirtin der KfW) sprach über die KfW als Beispiel für ein staatliches Instrument zur Verbesserung der Marktergebnisse und zur Förderung von Innovationen in Bereichen wie Digitalisierung, ökologischer Wandel oder Bildung. Der entscheidende Vorteil des KfW-Modells sei die Möglichkeit, massiv privates Kapital zu mobilisieren zu vergleichsweise geringen öffentlichen Kosten.

Eine Dimension guten staatlichen Handelns sind seine Investitionsentscheidungen und deren Bewertung. Im Kontext der Rolle des Staates bei der grünen Transformation ging Max Krahé (Mitbegründer des Dezernats Zukunft) im letzten Vortrag dieser Sitzung auf die Frage ein, wie man nachhaltige Investitionen identifizieren kann. Da Nachhaltigkeit eine Eigenschaft von Systemen und nicht von Projekten ist, sollte sie auch auf dieser Ebene überprüft werden. Daher sind Szenario-Analysen mit sektoralen Plänen als Bewertungsinstrument besser geeignet als die klassische Kosten-Nutzen-Analyse.

Die ganze Diskussion im Re-live

ZUM THEMA DER STAAT

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Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

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