EUROPA

Frankreich wählt - Verlieren wegen Putin die Rechten? Short Cut mit Cornelia Woll

Wie wählt Frankreich? Und warum wählen die Franzosen rechte Extremisten? Sind die Ursachen im Grunde ähnlich wie in Deutschland, nur das Ausmaß des Phänomens nicht? Alles im Short Cut Recap.

VON

DAVID KLÄFFLING

VERÖFFENTLICHT

11. APRIL 2022

LESEDAUER

3 MIN

Diskussionsthema

Noch vor kurzem sah es aus, als könnten auch in Frankreich nach den Präsidentschaftswahlen Rechtspopulisten an die Macht kommen – ähnlich wie einst Trump in den USA. Seit Beginn von Putins Kriegs gegen die Ukraine haben jetzt aber die Beliebtheitswerte von Amtsinhaber Emmanuel Macron stark zugelegt. Was heißt das für den ersten Wahlgang am 10. April? Und warum wählen die Franzosen überhaupt so stark rechte Extremisten? Sind die Ursachen im Grunde ähnlich wie in Deutschland, nur das Ausmaß des Phänomens nicht?

Möglicher Wahlausgang

Alle vier Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass der „Ukraineschock“ die Wahl zu Macrons Gunsten beeinflusst hat, seine Wiederwahl aber dennoch nicht in Stein gemeißelt ist. Laut aktueller Umfragen sei ein knappes Rennen zwischen Macron und Le Pen im zweiten Wahlgang am wahrscheinlichsten.

Insbesondere eine ausbleibende Wählerbeteiligung der linken Wählerschaft im zweiten Wahlgang könnte Le Pen zum Wahlsieg verhelfen. Anne-Laure Delatte warnte, dass während konservative und rechte Parteien wie die Republikaner um Valérie Pécresse sich in einem zweiten Wahlgang hinter Le Pen vereinen würden, hohe Ablehnungswerte von Macron diese Einigkeit unter einer linkeren Wählerschaft verhindern könnten.

Moritz Schularick betonte, dass allen berechtigten Warnungen vor einer möglichen Wahl Le Pens zum Trotz die Wiederwahl Macrons am wahrscheinlichsten sei. Grund dafür sei neben dem außergewöhnlichen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Pandemie die geringere Abhängigkeit Frankreichs von russischer Energie. Außerdem sei das Partizipationsproblem aus Endogenitätsgründen abgeschwächt, da die Wählerbeteiligung durch niedrige Beteiligungsumfragewerte steigen würde, um das Risiko einer Le Pen geführten Regierung zu verringern.

Erklärungen für Populismus

Als eine mögliche Erklärung für den erheblichen Anteil rechter und rechtsextremer Parteien führte Cornelia Woll die Verschiebung der traditionellen Konfliktlinie zwischen linken und rechten Parteien hin zu einer zweiten Konfliktachse zwischen Kosmopoliten/Liberalen und Nationalisten/Autoritären an. Shahin Vallée fügte hinzu, dass der hohe Grad der Zentralisierung in Frankreich nicht nur ökonomische Ungleichheit befeuere, sondern auch einem Gefühl der Vernachlässigung und Nichtbeachtung ländlicher Gebiete führt, wodurch die Attraktivität von „Anti-System-Parteien“ erhöht wird.

Die vollständige Diskussion als Re-Live

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