NEUES LEITMOTIV

Forum-Newsletter: Chaos als Chance? Was nach Trump kommt

Aus unserer Forum New Economy Newsletter-Reihe

VON

THOMAS FRICKE

VERÖFFENTLICHT

11. APRIL 2025

LESEDAUER

2 MIN.

Liebe Freunde, Kolleginnen und Kollegen, 

Donald Trump hat sich mit einem großen Versprechen wählen lassen: dass er die Kontrolle hat. Allein das lässt befürchten, dass es immer wieder zur Eskalation kommt – wenn irgendetwas nach Kontrollverlust aussieht. So wie in den vergangenen Tagen, als Panik an den Finanzmärkten ausbrach, Donald Trump zwar zum Einlenken bei der Zollorgie bereit schien – nur um dann gegenüber China zu eskalieren. Mit der Begründung, dass die Chinesen Trumps Zölle (und Kontrollversuche) gekontert hatten.

Wenn das stimmt, könnte Amerika und der Welt ein Desaster drohen. Dann könnte jedes Hindernis für Trump zu neuer heilloser Kontroll-Demonstration führen. Dann bliebe auf Anhieb nur, die Schäden möglichst in Grenzen zu halten. Es könnte indes lohnen, gleichzeitig etwas anderes noch zu tun: die Zeit nach Trump vorzubereiten. Der frühere US-Arbeitsminister Robert Reich schrieb kürzlich, seine Hoffnung sei, dass diese „furchtbare Erfahrung in eine neue Ära fundamentaler Reformen führen wird – der Wirtschaft, der Demokratie und des Versprechens sozialer Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit“.

Dafür spräche, dass es in der Geschichte schon Momente gegeben hat, in denen furchtbare Katastrophen dazu geführt haben, am Ende den Willen zu etwas Neuem und Besserem zu stärken – etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, als aus dem Zusammenbruch ein neuer Versuch wurde, die Welt besser zu ordnen: durch ein Bretton-Woods-System mit internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen; und durch eine Wirtschaftspolitik, die im Sinne des New Deal überall darauf aus war, aus den Exzessen allzu unkontrollierter Finanzmärkte die Lehren zu ziehen.

Es wäre um alle Welt besser, wenn es zur Eskalation gar nicht kommt. Selbst dann spricht nur viel dafür, schon jetzt über die neue Ära nachzudenken und sie vorzubereiten, die Robert Reich vorschwebt. Schon deshalb, weil selbst dann, wenn Trump bald scheitern würde, das Urproblem nicht behoben sein wird: dass in sämtlichen westlichen Industrieländern eine Menge Menschen das Vertrauen in Demokratie und die Kontrolle des eigenen und gesellschaftlichen Schicksals verloren haben. Politiken zu entwickeln, die dafür sorgen – statt mit heillosen Machtdemonstrationen nur so zu tun, wie es der US-Präsident gerade exerziert – ist dringender denn je.

Wie solche Politiken aussehen könnten, haben wir mit weltweit führenden Denkern und Denkerinnen vergangenes Frühjahr beim Berlin Summit zu diskutieren begonnen – und in der Berlin Declaration festgehalten. Die Umstände sind heute anders. Die Fragen bleiben: wie sieht eine bessere Industriepolitik aus, die fatale regionale Brüche proaktiv vermeidet? Wie sieht eine Klimapolitik aus, die bei den Menschen als etwas Positives ankommt? Und wie könnte eine globale Ordnung aussehen, die nicht nur naiv auf die vermeintlichen Wunder des Freihandels setzt?

All das steht auf der Agenda unseres zweiten Berlin Summit, zu dem bereits Top-Forscher und -Praktiker wie Harold James, James Galbraith, Daniela Gabor, Francesca Bria, Paul de Grauwe, Brad Setser, Simon Jäger und etliche andere zugesagt haben. Der Summit startet mit kleineren Experten-Sessions – und ist am 13. Juni öffentlich. Schreiben Sie gerne eine Mail an info@newforum.org zum Vormerken.

*

Was eine bessere Klimapolitik angeht, könnte eine Antwort in den Lehren aus dem liegen, was die Biden-Regierung mit dem Inflation Reduction Act (IRA) versucht hat: eine Politik, die statt auf höhere CO2-Preise, wie sie auch die neue Bundesregierung hochhält, auf Subventionen und Investitionsanreize für klimafreundliches Verhalten setzt. Sprich: auf positive, statt negative Anreize. Ob das taugt, diskutieren Isabella Wedl und ich in unserem gerade veröffentlichten Forum-Paper. Fazit: Eine solche positive Klimapolitik wirkt effektiv, was die Abkehr von klimaschädlichem Verhalten angeht. Sie entschärft auch die gesellschaftliche Sprengkraft höherer Preise etwa auf Benzin oder Heizen mit Öl und Gas. Es geht mehr um den richtigen Mix aus Instrumenten.

Warum das für die neue Bundesregierung hoch relevant ist, haben wir in einem Gastbeitrag für SPIEGEL Online darzulegen versucht: immerhin drohen 2027 mit der Erweiterung des Emissionshandelssystems auf Transport und Wohnen (ETS2) Preissprünge bei Benzin und Heizen, die Schwarz-Rot am Ende in Panik zu stoppen droht – ohne eine positive Alternative zu haben. Ende April sprechen wir darüber auch in unserem nächsten New Economy Short Cut. Voraussichtlicher Termin zum Vormerken: der 29. April am Nachmittag.

Ein schönes Wochenende

Thomas Fricke

Dieser Text stammt aus unserer zweiwöchig erscheinenden Newsletter-Reihe. Zur Anmeldung geht es hier.

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