NEUES LEITMOTIV
Die New Paradigm Papers des Monats Juni
Einmal im Monat präsentiert das Forum New Economy eine Handvoll ausgewählter Forschungsarbeiten, die den Weg zu einem neuen Wirtschaftsparadigma weisen.
VON
DAVID KLÄFFLINGVERÖFFENTLICHT
30. JUNI 2025LESEDAUER
5 MIN.
The Social Returns to Public R&D
Andrew Fieldhouse, Karel Mertens
Öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung zahlen sich aus. Fieldhouse und Mertens liefern überzeugende kausale Belege dafür, dass nicht-militärische staatliche F&E-Ausgaben die Produktivität im Privatsektor deutlich steigern. Ihren Schätzungen zufolge könnten die im CHIPS and Science Act vorgesehenen Investitionen die Produktivität in den USA in den nächsten zehn Jahren um 0,2–0,4 % erhöhen – was jährlichen Produktionszuwächsen von über 40 Milliarden Dollar entspricht. Das übertrifft die Gesamtausgaben für F&E im Rahmen des Gesetzes. Die Studie warnt zudem davor, dass zukünftige Haushaltskonsolidierungen, die nicht-militärische F&E kürzen, erhebliche wirtschaftliche Kosten mit sich bringen könnten.
Trade and Industrial Policy in Supply Chains
Laura Alfaro, Harald Fadinger, Jan Schymik, Gede Virananda
Industriepolitiken und Handelsbeschränkungen, die national motiviert sind, enden nicht an Grenzen – sie können Innovationen im Ausland fördern. Diese Studie untersucht die Auswirkungen von Chinas Exportbeschränkungen für seltene Erden (REEs), die entscheidende Inputs für die Hochtechnologieproduktion sind. Die Autoren stellen fest, dass diese Maßnahmen Innovationen und Exporte in REE-intensiven Sektoren außerhalb Chinas gefördert haben. Anhand von Patenten und einem globalen Handelsmodell zeigen sie, dass REEs komplementäre Inputs sind und Angebotsbeschränkungen unbeabsichtigt den technologischen Fortschritt in anderen Ländern beschleunigen können.
Culture, Institutions, and Social Equilibria: A Framework
Daron Acemoglu, James Robinson
Kultur entwickelt sich nicht nur langsam – sie kann sich sprunghaft verändern. Acemoglu und Robinson stellen ein Rahmenmodell vor, in dem kulturelle Merkmale dynamisch mit Institutionen interagieren und dabei gelegentlich plötzliche, sogenannte „saltatorische“ Veränderungen durchlaufen. Diese kulturellen Umbrüche helfen zu erklären, wie Gesellschaften auf politische Umwälzungen oder Krisen reagieren. Indem Kultur als System miteinander verbundener Eigenschaften behandelt wird, liefert das Modell neue Einblicke in das Zusammenspiel von politischen und sozialen Entwicklungen.
Irrational Inattention
Ciril Bosch-Rosa, Muhammed Bulutay, Bernhard Kassner
Warum ignorieren Menschen nützliche Informationen? Diese Studie führt den Begriff der irrationalen Unaufmerksamkeit ein: Eine übermäßige Selbstsicherheit in bestehende Überzeugungen – bekannt als Überpräzision – führt dazu, dass neue Informationen unterschätzt werden. Experimente zeigen, dass diese Verzerrung zu suboptimalen Entscheidungen führt, insbesondere bei komplexen Informationen. Rückmeldungen, die die Überpräzision verringern, verbessern die Ergebnisse und deuten auf mögliche Maßnahmen hin, um Entscheidungsfindungen z. B. in Finanzwesen, Politik oder Konsumverhalten zu verbessern.
The Optimal Macro Tariff
Oleg Itskhoki, Dmitry Mukhin
Zölle sind mehr als nur handelsbezogene Instrumente – sie sind makroökonomische Hebel. Itskhoki und Mukhin entwickeln ein Modell zur Bestimmung des optimalen US-Zolls im Hinblick auf fiskalische Ziele, Handelsungleichgewichte und die besondere externe Finanzposition der USA, bekannt als „exorbitant privilege“. Sie zeigen, dass die hohen Auslandsverbindlichkeiten der USA den optimalen Zollsatz von 34 % auf nur 9 % senken. In diesem Modell ist die Anpassung des US-Dollars – und nicht das Handelsungleichgewicht selbst – entscheidend, um das Handelsdefizit zu verringern.