KLIMA

The Berlin Summit 2025: Modern Climate Policy – Designing a policy mix beyond the fixation on carbon pricing

Eine Zusammenfassung vom Berlin Summit „Winning back the Future“, Juni 2025

VON

ISABELLA WEDL

VERÖFFENTLICHT

1. JULI 2025

Aufbauend auf der Diskussion zum Thema „Moderne Klimapolitik“ beim Berlin Summit 2024, in der wir die Vorteile positiver statt negativer Marktanreize erörtert haben, ging die diesjährige Sitzung über die Entweder-Oder-Diskussion zwischen CO2-Bepreisung und positiven Anreizen hinaus und konzentrierte sich auf die Gestaltung eines wirksamen Policy-Mixes.

In dem in dieser Sitzung vorgestellten Papier werden die ökonomischen Grundlagen für einen solchen Policy-Mix dargelegt. Die Autoren argumentieren, dass sich die Bewältigung der Klimakrise grundlegend von einem Verschmutzungsproblem unterscheidet, als das sie von der traditionellen Klimaökonomie betrachtet wurde. Sie erfordert eine systemische Umgestaltung der Wirtschaft, insbesondere in Richtung einer nachhaltigen Energieerzeugung und der Elektrifizierung anderer Sektoren.

Dies verändert grundlegend, welche wirtschaftspolitischen Prinzipien bei der Politikgestaltung eine Rolle spielen: Um die Investitionsausgaben in saubere Energietechnologien zu beschleunigen, brauchen wir eine Politik, die sowohl die finanziellen als auch die Ertragsrisiken senkt und die Kapitalkosten verringert. Um einen veränderten Konsum zu bewirken, müssen positive Anreize geschaffen werden, die auf die Preiselastizität der Nachfrage abzielen, indem nahezu perfekte emissionsarme Alternativen geschaffen werden, die nachhaltige Entscheidungen radikal billiger, einfacher und attraktiver machen. Eine Staffelung von Politikinstrumenten, bei der zunächst positive Anreize und Maßnahmen zur Risikominderung eingeführt werden, bevor eine CO2-Bepreisung umgesetzt wird, kann die Wirksamkeit und Akzeptanz von CO2-Preisen deutlich steigern.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Rolle der politischen Ökonomie. Die Dekarbonisierung wird immer noch weithin als Belastung für Verbraucher und Unternehmen wahrgenommen. Zwei alternative, positive Narrative – die Hervorhebung des Beitrags sauberer Energie zum gesamtwirtschaftlichen Wohlstand und zur Sicherheit und Widerstandsfähigkeit – sind eng mit der Rolle der erneuerbaren Energien bei der Senkung der Strompreise verbunden. Diese Zusammenhänge sind bisher noch zu wenig im öffentlichen Bewusstsein verankert. Grund dafür ist unter anderem, dass Kostenprognosen für saubere Energie jahrzehntelang zu hoch waren. Außerdem bestimmt Gas nach wie vor den Marktpreis von Strom, was verhindert, dass der Kostenvorteil der erneuerbaren Energien für VerbraucherInnen greifbar wird. Viele wichtige Institutionen, insbesondere Finanzministerien, konzentrieren sich zudem eher auf die kurzfristigen Kosten von Emissionsreduktion und lassen die Gesamtkosten außer Acht.

Eine große Mehrheit der Diskussionsteilnehmer teilte die Ansicht, dass Kapitalkosten und die Verfügbarkeit von grünen Alternativen essenziell für die Dekarbonisierung der Wirtschaft sind. Wie einer der Redner es ausdrückte: „Momentan läuft es mit der Klima-Transformation in vielen Teilen der Welt nicht gut. Kapitalkosten, die Verfügbarkeit von klimafreundlichen Alternativen und die Reihenfolge der politischen Maßnahmen sind Schlüsselaspekte, um dies zu verstehen“. Die Entwicklungen seit dem Ukraine-Krieg machen dies deutlich: Trotz steigender CO2-Preise sind die Investitionen in grüne Technologien zusammengebrochen. Daran sieht man, dass Kapitalkosten und Investitionsrisiken eine wichtigere Rolle spielen als Preissignale. Es gab jedoch auch Bedenken, dass politische Unsicherheiten die Profitabilität von Investitionen in saubere Energie stark beeinträchtigen können, z. B. wenn die Zentralbanken die Zinssätze anheben.

Die Präsentation des Papers löste eine rege Diskussion über die fiskalischen Auswirkungen der vorgestellten Politikmaßnahmen aus. Wie mehrere Diskutanten betonten, erfordern viele Fördermaßnahmen öffentliche Ausgaben, und ihre fiskalischen Auswirkungen schränken die öffentliche Unterstützung für die Transformationspolitik ein. Unter Verteilungsgesichtspunkten ist es außerdem wichtig, sich darüber klar zu werden, wer für diese öffentlichen Ausgaben aufkommen soll. Darüber hinaus muss die Abschreibung von Kapital berücksichtigt werden, die entsteht, wenn Unternehmen und Verbraucher fossile Anlagen durch grüne Alternativen ersetzen.

Der Begriff „Kosten“ wird jedoch häufig in mehreren Bedeutungen verwendet. Es ist wichtig, zwischen Maßnahmen, die staatliche Ausgaben verursachen, Investitionen, die mittelfristig zu Wohlstand führen, und Maßnahmen, die keine öffentlichen Ausgaben erfordern, zu unterscheiden. So werden beispielsweise staatliche Kredite oft als Haushaltskosten bezeichnet, stärken aber mittelfristig den Staatshaushalt, wenn die Renditen höher sind als die Kapitalkosten. In ähnlicher Weise ist die Kreditversicherung eine praktisch kostenfreie Möglichkeit, das Risiko von Investitionen zu verringern.

Es stellt sich also die Frage, wo Subventionen, Steuergutschriften und Zuschüsse notwendig sind und wo die oben genannten neuen Kreditinstrumente die gewünschten Ergebnisse liefern können. Ein Ansatz für gezieltere Ausgaben mit geringeren fiskalischen Auswirkungen könnte darin bestehen, Engpässe beim Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft zu ermitteln und Subventionen dort zu konzentrieren, wo sie am kosteneffizientesten sind.

Die Diskussionsteilnehmer wiesen auch auf verschiedene spezifische politische Maßnahmen hin, die als Teil eines wirksamen klimapolitischen Mixes weiter untersucht werden sollten, insbesondere die Rolle von angebotsseitigen Maßnahmen, die über Forschung und Entwicklung hinausgehen und die Produktion unterstützen, sowie die Rolle staatlicher Unternehmen, z. B. als Betreiber von Energienetzen.

Es wurde betont, dass bei der Gestaltung positiver Anreizmaßnahmen auch Verteilungsaspekte berücksichtigt werden sollten – wie z.B. bei Frankreichs sozialem EV-Leasingprogramm, das vor allem einkommensschwachen Haushalten Anreize bietet. Es wurde die Sorge geäußert, dass viele europäische Länder nicht in der Lage sind, das ETS2 (die Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf verbrauchernahe Sektoren) in seiner derzeitigen Form umzusetzen, ohne einkommensschwache Haushalte massiv subventionieren zu müssen. Diese Lücke in den nationalen Haushalten birgt die Gefahr eines politischen Rückschlags und könnte die Grundlagen der europäischen Klimapolitik untergraben.

Was die Rolle der CO2-Bepreisung innerhalb des Policy-Mix angeht, wurden zwei Hauptfunktionen diskutiert. Erstens die Erzielung von Einnahmen durch CO2-Preise, die zur Finanzierung von Subventionen für grüne Alternativen verwendet werden können. Dieser Vorteil kann jedoch zu einem Hindernis für die öffentliche Akzeptanz werden, da die Bürger die CO2-Preise als ein Mittel ansehen, ihnen Ressourcen zu entziehen. Diese Wahrnehmung bleibt sogar dann bestehen, wenn die Einnahmen durch CO2-Dividenden pro Kopf umverteilt werden, wie eine französische Umfrage ergab.

Zweitens kann der Emissionshandel genutzt werden, um das Trittbrettfahrerproblem im internationalen Handel anzugehen und Anreize für ausländische Regierungen zu schaffen, die Dekarbonisierung ihrer eigenen Volkswirtschaften zu beschleunigen, z. B. über den europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). Unter den Teilnehmern herrschte eine gewisse Skepsis, ob der CBAM dazu in der Lage sein wird, insbesondere wenn internationale Abkommen zwischen der EU und anderen Ländern/Regionen ausgehandelt werden, die es Importen ermöglichen würden, das Gesetz zu umgehen. Exportkreditagenturen könnten besser geeignet sein, die Entwicklung sauberer Industrien im Ausland zu unterstützen, indem sie Kreditversicherungen anbieten und die Kapitalkosten in anderen Ländern senken.

Was die Rolle der politischen Ökonomie für die Energiewende betrifft, so bestätigten die Diskutanten die Bedeutung von Narrativen. Als noch wichtiger erachteten sie die politische Bedeutung der wirtschaftlichen Vorteile, die mit dem grünen Übergang einhergehen. Sie argumentierten, dass das Verständnis dafür, wann diese wirtschaftlichen Vorteile das Bewusstsein der Wähler prägen – was vom Ausmaß der Vorteile, aber auch von ihrer Sichtbarkeit und ihrer Zuordnung zur Energiewende abhängt – in den Mittelpunkt rücken muss. Die Teilnehmer bestätigten auch die Rolle der erneuerbaren Energien bei der Senkung der Strompreise als neuer Wettbewerbsfaktor. Um die Vorteile dieser Preissenkungen in vollem Umfang nutzen zu können, sind Änderungen der Marktregulierung erforderlich, um die Strompreise von den Gaspreisen abzukoppeln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der vorgestellte Ansatz der Politiksequenzierung von den Diskutanten als politisch gangbarer Weg, die Energiewende als Chance zu begreifen, breite Unterstützung erhielt. Eine wichtige Erkenntnis aus der Diskussion ist die Notwendigkeit, die fiskalischen Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen in verschiedenen Kontexten zu spezifizieren.

Interview mit Catherine Wolfram

Interview mit Sebastian Dullien

Interview mit Eric Lonergan

ZUM THEMA KLIMA

KNOWLEDGE BASE

Zu Hochzeiten des Glaubens an die Märkte galt als bestes Mittel gegen die Klimakrise, an den Märkten einen CO2-Preis aushandeln zu lassen. Heute ist zunehmend Konsens, dass das nur bedingt funktioniert - und es weit mehr braucht, als nur einen Preis.

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