NEUES LEITMOTIV

Die New Paradigm Papers des Monats Januar

Einmal im Monat präsentiert das Forum New Economy eine Handvoll ausgewählter Forschungsarbeiten, die den Weg zu einem neuen Wirtschaftsparadigma weisen.

VON

FORUM NEW ECONOMY

VERÖFFENTLICHT

31. JANUAR 2025

LESEDAUER

5 MIN.

Studien zur Bundestagswahl in Deutschland

Kurz vor der Bundestagswahl in Deutschland schätzen zwei Studien die finanziellen Auswirkungen auf die Haushalte mit unterschiedlichen Methoden.

Reformvorschläge der Parteien zur Bundestagswahl 2025: Finanzielle Auswirkungen

ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

Welche finanziellen Auswirkungen haben die Pläne der Parteien auf deutsche Haushalte? Um diese Frage zu beantworten hat das ZEW eine Reihe von Maßnahmen zu Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Vermögenssteuer, Bürgergeld, Mindestlohn und Klimageld einbezogen. Betrachtet werden nur die direkten Wirkungen der Reformvorschläge, ohne Zweitrundeneffekte (siehe dazu unten die zweite Studie).

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Reform der Einkommensteuer. Vorschläge aus den Wahlprogrammen, ihre Kosten und Wachstumseffekte.

Leonard Mühlenweg, Florian Schuster-Johnson

Methodisch unterscheidet sich die zweite Studie von der ersten, indem sie potenzielle Steuermehreinnahmen einbezieht, die sich aus positiven Wachstumseffekten ergeben. Allerdings treten diese erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf, weshalb die Finanzierungslücken in den ersten beiden Jahren besonders groß sind. Das macht die Finanzierung einer substanziellen Einkommensteuerreform im Rahmen der Schuldenbremse schwierig, weshalb sich die Autoren für eine Reform aussprechen, um produktive Verschuldung zu ermöglichen.

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Technological Disruption in the US Labor Market

David Deming, Christopher Ong, Lawrence Summers

Ein neues NBER-Arbeitspapier von Larry Summers, David Deming und Christopher Ong zeigt, dass sich der seit Jahrzehnten befürchtete Trend einer zunehmenden Polarisierung des US-Arbeitsmarktes verlangsamt hat. Die Sorge, dass sich die Kluft zwischen hochbezahlten Berufen und niedrig entlohnten Dienstleistungsjobs weiter vergrößert, scheint nicht mehr in dem Maße berechtigt. Die Autoren zeigen, dass Amerikaner seit Mitte der 2010er Jahre vermehrt beruflich aufsteigen, wobei gute Jobs zunehmend schlechte ersetzen. Die Beschäftigung im Niedriglohnsektor geht zurück, während hochbezahlte Berufe, insbesondere in den MINT-Fächern, stark wachsen—seit 2010 hat die MINT-Beschäftigung um über 50 % zugenommen. Allerdings könnten diese gesamtwirtschaftlichen Trends regionale Polarisierungen auf dem Arbeitsmarkt verdecken.

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Post-growth: the science of wellbeing within planetary boundaries

Jason Hickel, Tim Jackson, Kate Raworth, and others

Während wirtschaftliches Wachstum (oder vielmehr dessen Fehlen) wieder im Zentrum der politischen Debatten in Europa steht, bleibt seine Vereinbarkeit mit ökologischer Nachhaltigkeit (insbesondere die Entkopplung von Umweltbelastungen) umstritten. Seit über einem halben Jahrhundert prägen Diskussionen über die Möglichkeit und Notwendigkeit exponentiellen Wachstums die Umweltbewegung. Während in der klassischen Ökonomie Wirtschaftswachstum oft als Indikator für gesellschaftliches Wohlergehen betrachtet wird, stellt die Post-Wachstums-Literatur das Wohlbefinden innerhalb planetarer Grenzen in den Fokus und bleibt gegenüber Wachstum eher agnostisch. Eine kürzlich veröffentlichte Übersichtsstudie untersucht dieses aufstrebende Forschungsfeld: Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung ökologischer makroökonomischer Modelle zur Gestaltung einer Wirtschaft ohne Wachstum, die Analyse von Wachstumsabhängigkeiten, die soziale Sicherungssysteme an steigendes BIP knüpfen, sowie Strategien zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs bei gleichzeitigem Erhalt hoher Lebensqualität. Die Studie reflektiert zudem die politischen Herausforderungen und Zielkonflikte zwischen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitszielen.

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Der Armutsnachteil: Wie es um die Chancengleichheit am Finanzmarkt steht

Moritz Czygan, Britta Langenberg

Eine weithin bekannte Statistik zur Vermögensungleichheit in Deutschland besagt, dass die reichsten 10 Prozent rund 60 Prozent des Gesamtvermögens besitzen, während die untere Hälfte der Bevölkerung kaum über nennenswerte Vermögenswerte verfügt. Weniger bekannt ist jedoch die strukturelle Ungleichheit in Bezug auf die Rendite von Vermögen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von Finanzwende e.V. zeigt, dass Personen mit geringen Vermögenswerten beim Vermögensaufbau strukturell benachteiligt sind. Aufgrund einer weniger vorteilhaften Portfoliostruktur erzielen sie durchschnittlich fast vier Prozentpunkte geringere Renditen als Personen aus der mittleren Vermögensschicht. Zudem bestehen deutliche Unterschiede in der Schuldenstruktur: Während 99 Prozent der Menschen mit geringem Vermögen fast ausschließlich auf teure Konsumkredite angewiesen sind, tilgen 88 Prozent der mittleren Vermögensschicht vor allem zinsgünstigere Immobilienkredite.

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Europe and the global economic order

Aslak Berg

Die Globalisierung steht zunehmend unter Druck durch eine neue Phase der Rivalität zwischen Großmächten, insbesondere zwischen den USA und China. Für Europa, dessen Wirtschaft stark von Handel und Exporten abhängt, stellt dies ein erhebliches Risiko dar—zusätzlich zu den Herausforderungen durch ein schwaches Produktivitätswachstum. Ein neuer Bericht des Centre for European Reform empfiehlt, dass die EU auf kooperative globale Steuerungsmechanismen setzen sollte, um mit der zunehmenden Fragmentierung umzugehen. Der Bericht hebt die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit mit den USA hervor, insbesondere durch den Trade and Technology Council, um Handelsstreitigkeiten zu entschärfen und regulatorische Maßnahmen abzustimmen. Zudem wird ein ausgewogener Umgang mit China empfohlen: Die EU sollte wirtschaftliche Chancen für Verbraucher nutzen, aber strategische Bedenken gezielt adressieren. Abschließend schlägt der Bericht vor, das Netz der EU-Freihandelsabkommen zu erweitern und einen ergänzenden rechtlichen Rahmen außerhalb der WTO zu schaffen, um benachbarte Volkswirtschaften stärker in den europäischen Wirtschafts- und Regulierungsraum zu integrieren.

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Geoeconomics

Cathrin Mohr, Christoph Trebesch

In den letzten zehn Jahren hat sich die internationale politische und wirtschaftliche Ordnung tiefgreifend verändert: Die Vormachtstellung der USA schwindet, neue Mächte in Asien gewinnen an Einfluss, und geopolitische Konflikte nehmen zu. Diese Entwicklungen stellen die Wirtschaftswissenschaften vor große Herausforderungen, die unter dem Begriff „Geoökonomie“ zusammengefasst werden können. Eine neue Literaturübersicht von Christoph Trebesch und Cathrin Mohr fasst den aktuellen Forschungsstand zur Geoökonomie zusammen—ein Feld, das Ökonomie und Geopolitik miteinander verknüpft. Zu den untersuchten Themen gehören wirtschaftliche Sanktionen, die geopolitischen Dimensionen des internationalen Handels sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen geopolitischer Risiken.

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Nach ein paar Jahrzehnten allzu naiven Marktglaubens brauchen wir dringend neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – und mehr: ein ganz neues Paradigma als Leitfaden. Wir sammeln alles zu den Leuten und der Community, die sich mit dieser großen Frage beschäftigen, sowie mit der historischen wie heutigen Wirkung von Paradigmen und Narrativen – ob in neuen Beiträgen, Auftritten, Büchern und Veranstaltungen.

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