GLOBALISIERUNG

Bessere US Jobs – Eine Revolution gegen Niedriglöhne

Mike Konczal (Roosevelt Institute) und Shahin Vallée (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik) besprachen die jüngsten Entwicklungen am US-Arbeitsmarkt bei unserem XI. New Paradigm Workshop.

VON

MAREN BUCHHOLTZ

VERÖFFENTLICHT

10. OKTOBER 2022

LESEDAUER

2 MIN.

Mike Konczal, Leiter der makroökonomischen Analyse des Roosevelt-Instituts, präsentierte Arbeitsmarktdaten, um die wirtschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Staaten nach der Pandemie zu beschreiben. Hier hat sich die Wirtschaft in einem noch nie dagewesenen Tempo erholt. Im Vergleich zur Großen Rezession nach der Finanzkrise wurden die Menschen nach der Pandemie wesentlich schneller wieder in Arbeit gebracht. In jüngster Zeit hat die Beschäftigungsquote wieder den Stand von vor 2008 erreicht. Der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt kommt ArbeitnehmerInnen in allen gesellschaftlichen Schichten und insbesondere den Beschäftigten im Niedriglohnsektor zugute. Die aktuell hohe Arbeitsnachfrage hat deren Verhandlungsmacht nach Jahrzehnten wieder gestärkt.

Die Ausweitung der Arbeitslosenunterstützung während der Pandemie hat vielen AmerikanerInnen die Möglichkeit eröffnet, sich umzuorientieren und in besser bezahlte Arbeitsverhältnisse zu wechseln. Diese enorme Umschichtung wird manchmal als “great resignation” oder “quiet quitting” bezeichnet. Laut Konczal wird dieses Narrativ dem Ausmaß der neu geschaffenen Arbeitsplätze und der wirtschaftlichen Vorteile, die durch höhere Lohnuntergrenzen erzielt wurden, nicht gerecht. Er zeigte in seiner Präsentation auf, dass die USA das höchste Beschäftigungswachstum seit vier Jahrzehnten verzeichnen. Seiner Ansicht nach hat dies zu einem einzigartigen Aufschwung und zur Wiederkehr von ‚guter Arbeit‘ beigetragen.

"Es wächst der Eindruck, dass viele Beschäftigte im Niedriglohnsektor (...) endlich mehr Verhandlungsmacht gewinnen."
Mike Konczal

„Es gibt ein echtes Gefühl, dass viele Niedriglohnempfänger, die durch das schwache und arbeitgeber-zentrierte US-Arbeitsrecht, den schwachen Aufschwung und die Massenarbeitslosigkeit der 2010er Jahre sowie durch die Technologie, die die Fähigkeit der Arbeitnehmer, sich selbst zu organisieren, untergräbt, besonders in Bedrängnis geraten sind, endlich einen gleichberechtigten Platz am Tisch bekommen und sich zunehmend gewerkschaftlich organisieren, was traditionell schwierig war“, erklärte Mike Konczal.

Die expansive Fiskalpolitik der US-Regierung (‚Bidenomics‘), insbesondere das Krisenpaket ‚American Rescue Plan‘ , hat sich für den Arbeitsmarkt als erfolgreich erwiesen und zu einer vollständigen wirtschaftlichen Erholung beigetragen. Shahin Vallée (Direktor des geoökonomischen Programms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik) merkte an, dass daraus eine Lehre für Europa gezogen werden könnte, wo grundsätzlich die Sorge vor Lohn-Preis-Spiralen überwiegen. Mike Konczal fügte hinzu, dass Preisaufschläge von Unternehmen, insbesondere von Unternehmen mit Marktmacht, ein wesentlicher, aber oft vernachlässigter Faktor sind, der zur Inflation beiträgt.

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Nach drei Jahrzehnten schlecht gemanagter Integration ist die Globalisierung durch soziale Unzufriedenheit und den Aufstieg populistischer Kräfte bedroht. Es gilt dringend die negativen Nebeneffekte auf viele Menschen zu beheben - und klarer zu definieren, welche Herausforderungen auf lokaler oder regionaler, und welche über Grenzen hinweg angegangen werden sollten.

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