DER STAAT

High-Level Seminar: Wie sollte die deutsche Industriepolitik zukünftig aussehen?

Braucht es jetzt einen Industriestrompreis – oder nicht? Und wie sollte der aussehen? Wie sollte eine Industriepolitik überhaupt aussehen? Darüber haben wir diese Woche mit hochrangigen Vertretern und Vertreterinnen aus Ministerien, Think Tanks und der Wissenschaft gesprochen.

VON

THOMAS FRICKE

VERÖFFENTLICHT

23. JUNI 2023

LESEDAUER

3 MIN

Braucht es jetzt einen Industriestrompreis – oder nicht? Und wie sollte der aussehen? Wie sollte eine Industriepolitik überhaupt aussehen? Darüber haben wir diese Woche mit Vertreterinnen und Vertretern des BMWK gesprochen, darunter der Leiter der Abteilung Industriepolitik Bernhard Kluttig, mit der Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Yasmin Fahimi und dem Leiter der Abteilung Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Ebenfalls anwesend waren Expertinnen und Experten des Jaques Delors Center, von Agora Energiewende, Bruegel, Dezernat Zukunft und DGAP sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Tom Krebs und Isabella Weber.

Quintessenz: es gibt viel Klärungsbedarf, ein Konsens zeichnet sich nur dazu ab, dass das alte Paradigma passé ist, wonach der Staat nicht in einzelne Sektoren oder Prozesse eingreifen sollte. Dafür ist die Gefahr zu offenbar, dass dadurch nur neue Abhängigkeiten etwa gegenüber China entstehen könnten – und die Einsicht zu weit gereift, dass es für große Transformationen staatliche Setzungen durchaus braucht. Und dass Preise auch einmal kontrolliert werden müssen, wenn Angebot und Nachfrage zu exzessiven Preisausschlägen führen, wie Tom Krebs und Isabella Weber anhand ökonomischer Modelle und historischer Erfahrungen darlegten.

Quintessenz nur auch: es gibt nach ein paar Jahrzehnten Industriepolitik-Tabu keine ansatzweise abgestimmten Kriterien, wie und wann der Staat wo eingreifen soll. Stichwort: Selektivität. Warum wird die Ansiedelung von Chip-Herstellern bezuschusst – und andere nicht. Wie lässt sich festlegen, was strategisch wichtig ist – und wann genau Märkte nicht mehr zu vernünftigen Preissetzungen führen.

Kein Grund, Eingriffe deswegen weiter abzulehnen – es löst ja die tieferen Probleme nicht. Aber ein Grund, sehr viel mehr darüber zu forschen und zu sprechen, wie sich die neuen Kriterien definieren lassen, ohne dass es zu politischer Willkür beiträgt, wo dann jeder alles fordern kann.

ZUM THEMA DER STAAT

KNOWLEDGE BASE

Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

ÜBERSICHT ARTIKEL