NEUES LEITMOTIV

Newsletter: Wenn der Markt es doch besser nicht richtet / Short Cut Re-live

Aus unserer Forum New Economy Newsletter Reihe

VON

THOMAS FRICKE

VERÖFFENTLICHT

14. FEBRUAR 2025

LESEDAUER

2 MIN.

Seit Jahren predigen liberale Politiker wie Ökonomen: Klimapolitik müsse endlich den Markt wirken lassen, wenn es darum gehe, schlechtes CO2 zu bepreisen. So wie das bei jenem ETS2 vorgesehen ist, das ab 2027 für das Bepreisen von Verkehr und Wohnen sorgen soll. Umso erstaunlicher wirkt, dass diese Woche just die FDP dagegen gestimmt hat, als es im Bundestag darum ging, dieses ETS2 abzunicken. Klar: weil hinter dem hehren Prinzip de facto natürlich viel weniger Schönes steckt – teureres Tanken und Heizen. Und weil vor der Abstimmung ADAC und Bild-Zeitung schon zum Zetern („Tank-Hammer“) angesetzt hatten – mit dem Beschluss stünden bis zu 38 Cent mehr pro Liter Benzin an.

Der Fall ließ stramm-liberale Expertinnen wie Veronika Grimm staunen, könnte in Wirklichkeit aber nur eine Vorahnung davon geben, welches Schicksal dem ETS2 droht, wenn es denn 2026 mal wirklich kurz vor Umsetzung steht, Bild wie andere zum richtig großen Schrei ansetzen – und auch CDU und SPD womöglich nicht mehr so stramm dahinterstehen. Auch die Grünen haben in jüngster Zeit gelernt.

Wie wenig Rückhalt das alte klimaökonomische Leitmotiv von der belehrenden Verteuerung bei Land und Leuten noch hat, bestätigen unsere jüngst veröffentlichen Umfragen. Nur noch 48 Prozent der Deutschen stimmen danach dem Prinzip noch zu, die Politik solle „alles, was klimaschädlich ist, verteuern“ – 43 Prozent finden das nicht. Bemerkenswert: Selbst unter FDP-Wählern liegt die Zustimmung noch bei 60 Prozent.

Was die Leute stört, scheint dabei nicht das Prinzip an sich. Autofahren oder Heizen zu verteuern, sei nur ungerecht, solange es „keine bezahlbaren Alternativen“ gebe – sagen 84 Prozent. Besser sei, klimafreundliches Verhalten zu belohnen und zu bezuschussen (79 Prozent). Solch hohe Zustimmungsraten sprechen auch dagegen, dass die Deutschen plötzlich alle Klimaleugner geworden sind oder sich nicht mehr fürs Klima interessieren, wie es die Politiker im Wahlkampf tun. Sie wollen nur mitgenommen werden – über positive Anreize, statt über Gängelung oder strafend hohe Preise. Botschaft an die, die künftig regieren. Wer auch immer das sein wird.

Die komplette Auswertung der Umfrage gibt es zum Nachlesen hier. Dazu haben kürzlich Jens SüdekumMaja Göpel und Achim Wambach bei uns diskutiert – im Re-Live hier. Eine ausführlichere Auswertung der jüngsten US-Klimapolitik über massive positive Anreize veröffentlichen wir als Forum-Studie in Kürze – stay tuned.

Ein schönes Wochenende,
Thomas Fricke

Dieser Text stammt aus unserer zweiwöchig erscheinenden Newsletter-Reihe. Zur Anmeldung geht es hier.

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