NEUES LEITMOTIV
Forum-Newsletter: Trumponomics als neues Leitmotiv? / Klimapolitik populär / Re-live Berlin Summit 2025
Aus unserer Forum New Economy Newsletter-Reihe
VON
THOMAS FRICKEVERÖFFENTLICHT
8. JULI 2025LESEDAUER
2 MIN.
Liebe Freunde, Kolleginnen und Kollegen,
was ist das, was Donald Trump gerade wirtschaftspolitisch macht? Mal Zölle auf Importe ankündigen, mal in riesigem Ausmaß Steuern auf die senken, die ohnehin schon seit Jahren am meisten von allem wirtschaftlich profitieren – einfach nur wirre Willkür? Oder am Ende doch der Anfang eines neuen Paradigmas, das etliche Populisten und Autoritäre global gerade durchzusetzen beginnen? Vielleicht keins von beidem.
Gegen ein einigermaßen stimmiges neues Leitbild spricht schon, dass Elon Musk jetzt lieber eine eigene Partei gründen will – klar, weil der Protektionismus, der für manche Trump-Wähler attraktiv wirkt, für einen Unternehmer eher ein Graus ist, der weltweit Autos verkaufen will. Da ist „America“ allein nicht „great“ genug, also als Markt. Ob es sich umgekehrt als neues Leitmotiv halten lässt, Steuern auf sehr Reiche zu senken, ist ebenso fraglich – nach ein paar Jahrzehnten, in denen die Idee des Trickle-down einfach nicht funktioniert hat. Das ließe sich mangels Breitenwirkung dann tatsächlich nur noch autoritär durchhalten.
Wenn es etwas gibt, das Trumps Wirken eine Logik und so etwas wie eine Linie gibt, dann ist es der stete Versuch, als derjenige dazustehen, der die Dinge in der Hand hat, wenn auch nur plakativ – ob durch das Hochhalten von Tafeln mit Zollsätzen auf einzelne Länder (oder alle); oder durch Steuersenkungen als Big Beautiful Bill. Das Problem ist, dass beides für den Schein taugt, die Mehrheit der Amerikaner am Ende aber nicht besser stellt – im Gegenteil.
Wenn überhaupt, dann ist das, was Trump macht, daher eher Ausdruck der Tatsache, dass es eben gerade (noch) keine überzeugende attraktive Alternative zu jenem gescheiterten marktliberalen Paradigma der vergangenen Jahrzehnte gibt – eine Politik, die Regierenden als neues Leitmotiv helfen könnte, die großen Herausforderungen der Zeit wirklich zu lösen und die Menschen dafür zu gewinnen: ob gegen Klimawandel, Ungleichheit oder Globalisierungskrisen. Keines der Probleme wird ja durch Trumps Politik gelöst, im Gegenteil.
Bei kaum einer Herausforderung drängt sich der Mangel an überzeugenden Konzepten inzwischen so auf, wie in der Klimapolitik, die über lange Zeit und gerade in Europa auf die Leitformel gesetzt hat, Schädliches einfach teurer zu machen. Warum das nicht funktioniert, erklärt Eric Lonergan – in einem kurzen Interview, das wir mit ihm auf dem Berlin Summit geführt haben. Zusammen mit Isabella Wedl hat Eric beim Summit den ersten Entwurf eines Papers vorgestellt, in dem sie zusammen mit Michael Grubb ausführen, warum die CO2-Bepreisung oft nicht funktioniert – weil es für den Wandel oft erst große Investitionen in Infrastruktur braucht; oder weil es wenig hilft, Altes zu verteuern, wenn Menschen sich das Neue gar nicht leisten können, sie keine bezahlbare und praktikable Alternative haben. Stichwort: E-Autos.
Die Frage ist dann, wie eine attraktivere Klimapolitik aussehen sollte. Nach Einschätzung der Drei müssten Regierende viel systematischer daraufsetzen, erst die genannten Voraussetzungen zu schaffen – bevor das Prinzip der CO2-Bepreisung einsetzt. Was je nach Branche unterschiedlich früh oder spät sein kann. Anders gesagt: es braucht einen Mix an Maßnahmen, der viel stärker bei Realität und Psychologie der Menschen ansetzen – und weniger technokratisch wirkt.
Trump und andere haben in den vergangenen Jahren davon profitiert, dass sich mangels funktionierenden Leitmotivs der Ruf nach irgendwie starken Leuten verstärkt hat – die versuchen, das mit Halbstarken-Politik zu befriedigen. Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass sie sich dabei selber ein Stück entzaubern. Ebenso hoch ist nur das Risiko, dass ihr Scheitern mangels eines ausgereiften neuen Paradigmas am Ende den Unmut der Menschen auch nicht beheben wird – und dann nur neue Populisten kommen, die dann wie Musk die America Party gründen. In Großbritannien sind die Brexiteers entzaubert – die Rechtsextremen bekommen inzwischen aber neuen Zulauf.
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Mehr zur Klima-Session beim Berlin Summit gibt es in der Zusammenfassung hier und in Interviews mit Eric Lonergan, Catherine Wolfram und Sebastian Dullien.
Wie ein neues ökonomisches Paradigma aussehen könnte, beschreiben in ihren Interviews James K. Galbraith, Jo Swinson und Maja Göpel – alle Interviews hier.
Alle anderen Sessions gibt es im großen Überblick – hier.
Genug Stoff, um in den Sommer zu gehen – wobei es auch gut ist, mal an ganz Anderes zu denken. Der nächste Newsletter des Forums erscheint Mitte August.
Eine schöne Woche noch,
Thomas Fricke und das Forum Team
Dieser Text stammt aus unserer zweiwöchig erscheinenden Newsletter-Reihe. Zur Anmeldung geht es hier.