NEUES LEITMOTIV

Newsletter: Eine Investitionsregel gegen einstürzende Brücken - Symposium zum Ausgang der US-Wahl - Fortschritt und Vermögen

Aus unserer Forum New Economy Newsletter Reihe

VON

THOMAS FRICKE

VERÖFFENTLICHT

14. SEPTEMBER 2024

LESEDAUER

4 MIN.

Liebe Freunde, Kolleginnen und Kollegen, 

es gibt in der Politik gelegentlich so eine Art Lernresilienz. Nehmen wir die Bahn. Da ist über viele Jahre  im heillosen Bestreben, diese öffentliche Leistung profitabel zu machen, viel zu viel gekürzt worden, worunter heute ganz offenbar alle leiden. Nur dass darauf ein Verkehrsminister zur Lösung des Problems vorschlägt, die Bahn möglichst schnell profitabel zu machen. Etwas lernbereiter scheint da ein früherer Kassenwart und Schwarze-Null-Vertreter im Finanzministerium, der nun im Aufsichtsrat der Bahn sitzt – und kürzlich gefordert hat, zur Lösung doch besser ein Sondervermögen zu schaffen, also die dringend nötigen Investitionen über Schulden zu finanzieren. Paradigmenwechsel in der deutschen Finanzpolitik? Immerhin diskutieren inzwischen auch etliche Ministerpräsidenten diverser Couleur, wie die Schuldenbremse zu reformieren ist. Lernbereit.

Wie sich per se mehr Geld für öffentliche Infrastruktur – sagen wir, die physische Resilienz von Brücken – mobilisieren ließe, hat Tom Krebs in einem neuen Paper für das Forum aufgeschrieben: nötig wäre danach eine vergleichsweise schlichte Investitionsregel, die entsprechend Ausgaben für die Zukunft über Schulden finanzierbar machen würde, ohne dafür große neue Texte zu verfassen. Eine Kurzfassung des Vorschlags erschien dieser Tage bei Makronom.

Bliebe unter anderem die Frage, worin eigentlich investiert werden sollte, um Land und Leute voranzubringen – und was Fortschritt heißt. Darüber haben Petra Pinzler von der ZEIT und Stefan Kolev vom Ludwig-Erhard-Forum in unserem jüngsten New Economy Short Cut gestritten – und dabei festgestellt, dass es für die Ampel-Regierung womöglich besser gewesen wäre, genau darüber zu sprechen (was eben Fortschritt eigentlich heißt), bevor sie sich als Fortschrittskoalition priesen. Dass die Beteiligten darunter nicht dasselbe verstehen, könnte eine der Grundprobleme der Koalition sein. Als Re-live nachzusehen – hier.

Inzwischen erschienen ist derweil auch die Studie, die Carmen Giovanazzi zu den Vermögen der Familienunternehmen in Deutschland für das Forum erarbeitet hat – mit Auswertung unter anderem im SPIEGEL. Wobei schon das Thema an sich immer für viel Polemik sorgt. Dabei geht es erstmal nur darum festzustellen, dass die Vermögen im Land einfach enorm stark bei den besagten Unternehmen konzentriert sind – und es auch ökonomisch nicht unbedingt sinnvoll ist, wenn so viel Geld nicht wieder investiert, sondern angehäuft wird.

Noch etwas mit Zukunft: am 19. November gibt es ein Symposium des Forum New Economy zu den Konsequenzen des dann (wahrscheinlich) feststehenden Ausgangs der US-Präsidentschaftswahl – und der Frage, was es für das derzeit reifende neue Paradigma bedeutet, wenn Kamala Harris oder Donald Trump künftig bestimmen, was nicht nur in den USA, sondern indirekt auch anderswo passiert. Als Panelist zugesagt hat bereits Joe Kaeser. Anschließend stoßen wir dann noch an auf fünf Jahre Forum.

Achja, und weil sich Anfang der Woche in Berlin die deutschsprachigen Ökonomen und Ökonominnen zur Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik treffen, nutzen wir die Gelegenheit, bei einem kleinen Empfang am Dienstag, 17. September, am späten Nachmittag noch etwas Austausch zu jener Berliner Deklaration zu pflegen, die ein neues Leitbild der Ökonomie werden – und den langjährigen Washington Consensus ersetzen könnte. Bei Interesse bitte einfach per Mail melden. Ein paar Plätze sind noch frei.

Ein schönes Wochenende,

Thomas Fricke

Dieser Text stammt aus unserer zweiwöchig erscheinenden Newsletter-Reihe. Zur Anmeldung geht es hier.

ZUM THEMA NEUES LEITMOTIV

KNOWLEDGE BASE

Nach ein paar Jahrzehnten allzu naiven Marktglaubens brauchen wir dringend neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – und mehr: ein ganz neues Paradigma als Leitfaden. Wir sammeln alles zu den Leuten und der Community, die sich mit dieser großen Frage beschäftigen, sowie mit der historischen wie heutigen Wirkung von Paradigmen und Narrativen – ob in neuen Beiträgen, Auftritten, Büchern und Veranstaltungen.

ÜBERSICHT ARTIKEL