NEUES LEITMOTIV
The Berlin Summit 2025: Winning back the people – Exploring the blind spots
Warum wenden sich Menschen populistischen Parteien zu – selbst in wirtschaftlich stabilen Regionen? Eine Debatte über Vertrauen, kulturelle Spannungen und die blinden Flecken der politischen Mitte.
VON
FORUM NEW ECONOMYVERÖFFENTLICHT
20. JUNI 2025
Die Diskussion drehte sich um den Aufstieg populistischer Parteien, das Versagen traditioneller Parteien, bestimmte Bevölkerungsgruppen zu erreichen, sowie um die Rolle von wirtschaftlicher Ungleichheit, Migration, Inflation und Identitätspolitik. Der Einstieg erfolgte mit dem Beispiel eines ehemaligen SPD-Mitglieds aus dem Ruhrgebiet, das zur AfD wechselte, weil es sich politisch und sozial abgehängt fühlte. Es wurde die These vertreten, dass Integration und Migration dann auf Ablehnung stoßen, wenn sie überproportional auf bereits belastete Stadtteile treffen.
Die zentrale Frage lautete: Warum wenden sich Menschen populistischen Bewegungen zu, obwohl es wirtschaftlich in manchen Regionen gar nicht unbedingt schlechter läuft? Verschiedene Ansätze wurden diskutiert:
1. Ursachen des Populismus
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Populismus wurzelt in kulturellen Ängsten (z. B. vor Werteverlust), wirtschaftlicher Unsicherheit und einem allgemeinen Vertrauensverlust in demokratische Institutionen.
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Migration und die damit verbundenen sozialen Spannungen werden stark emotional wahrgenommen und sind oft ein Kristallisationspunkt für Unzufriedenheit – auch unabhängig von tatsächlichen Zahlen.
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Studien zeigen, dass Investitionen in strukturschwache Regionen in Europa Vertrauen in die Demokratie stärken können, selbst wenn sie die individuelle ökonomische Lage nicht verbessern.
2. Unterschiede zwischen den USA und Europa
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In Europa scheint wirtschaftliche Förderung noch Vertrauen zu stärken, in den USA jedoch nicht. Der US-amerikanische „Inflation Reduction Act“ zeigte kaum politische Wirkung in betroffenen Regionen.
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Mögliche Gründe: schlechte Kommunikation, verzögerte Wirkung, oder eine tiefergreifende politische Entfremdung.
3. Rolle von Inflation
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Inflation erzeugt Unsicherheit und starke emotionale Reaktionen (Angst, Wut). Sie wird mehrheitlich der Regierung angelastet – unabhängig von Parteipräferenz.
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Populisten nutzen Inflation erfolgreich zur Mobilisierung – als Zeichen für das Versagen „der Eliten“.
4. Vertrauen schlägt Programm
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Es wurde argumentiert, dass Menschen nicht primär wegen konkreter Politikinhalte wählen, sondern wegen Vertrauen und Identifikation. Kandidaten, die als „volksnah“ wahrgenommen werden – auch wenn sie aus wohlhabenden Kreisen stammen – genießen oft mehr Zuspruch als technokratische Eliten.
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Populisten bieten oft einfache Identifikationsangebote. Die politischen Gegner müssten sich trauen, ebenfalls Identitätspolitik zu betreiben – aber inklusiv und demokratisch.
5. Eliten und Repräsentation
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Die politische Klasse sei zunehmend homogen (hochgebildet, städtisch, akademisch). Der Zugang zur Politik sei für Menschen mit biografischer Nähe zu benachteiligten Gruppen erschwert.
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Es wurde bedauert, dass viele Parteien den Kontakt zur Lebenswelt vieler Bürgerinnen und Bürger verloren hätten – was auch mit dem Fehlen entsprechender „Biografien“ in Parlamenten zu tun habe.
6. Kommunikation und Medien
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Die mediale Darstellung populistischer Narrative wird durch neue Medien begünstigt. Historisch gesehen wurde jede technologische Innovation von Populisten erfolgreich genutzt (z. B. Radio, Social Media).
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Die Linke müsse lernen, verständlicher und emotionaler zu kommunizieren, ohne sich zu „verbiegen“. Humor, Nähe und Emotionalität seien nicht nur Stilfragen, sondern zentral für Vertrauen.
7. Fazit und Ausblick
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Populismus entsteht nicht nur durch ökonomische Missstände, sondern durch eine Mischung aus Verlustängsten, fehlender politischer Repräsentation, kulturellem Wandel und einem Gefühl des Kontrollverlusts.
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Wirtschaftliche Maßnahmen alleine reichen nicht, um populistische Tendenzen zurückzudrängen – es braucht politische Repräsentation, emotionale Ansprache und eine stärkere soziale Verankerung demokratischer Parteien.