NEUES LEITMOTIV

The Berlin Summit 2025: The Berlin Declaration – Making sense of a maturing consensus in times of disorder

Zum Auftakt des Berlin Summit 2025 blickten zentrale Impulsgeber auf die Entwicklung und Relevanz der Berliner Erklärung ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung zurück.

VON

FORUM NEW ECONOMY

VERÖFFENTLICHT

20. JUNI 2025

Die Eröffnungssession – geprägt durch historische Analogien, politische Selbstkritik und strategische Zukunftsfragen – stellte die zentrale Leitfrage: Wie kann ein wachsender wirtschaftspolitischer Konsens im Kontext zunehmender Polarisierung, geopolitischer Unsicherheiten und sozialer Spannungen Orientierung geben – oder scheitert er bereits am Realitätstest?

Der Eröffnungsbeitrag reflektierte die Intention des ersten Berlin Summits 2024: eine neue ökonomische Denkschule sichtbar zu machen, interdisziplinär zu vernetzen und in Form der Berlin Declaration politisch anschlussfähig zu formulieren. Inzwischen sei jedoch klar: Viele Hoffnungen hätten sich (noch) nicht erfüllt. „Wir wollten die Menschen zurückgewinnen – und mussten feststellen, dass andere sie gewonnen haben“, lautete eine der zentralen Selbsteinschätzungen.

Ein Teilnehmer bettete die gegenwärtige Lage in ein größeres Narrativ ein: Die Phase zwischen der Finanzkrise 2007 und der Trump-Wahl 2016 könne als ein „Zwischenkriegsjahrzehnt“ verstanden werden – vergleichbar mit der unübersichtlichen Transformationsphase nach 1914. Es sei eine Zeit, in der alte Ordnungen brüchig werden, neue Paradigmen tastend gesucht werden und die politische Landschaft fragmentiert. „Vielleicht befinden wir uns nicht am Ende, sondern noch mitten im Suchprozess – und dieser wurde nun unterbrochen oder herausgefordert“.

In dieser Lage gewinne die Berlin Declaration neue Relevanz – weniger als Blaupause, mehr als offener Referenzrahmen. Dabei gelte es auch, blinde Flecken zu adressieren. Der Punkt „Migration“ sei etwa im Vorjahr nur am Rande erwähnt worden. Dieses Jahr stehen zwei Sessions dazu auf dem Programm – ein Beleg für das Lernen im Prozess.

Ein zentrales Thema der Diskussion war der Vertrauensverlust in demokratische Institutionen – oft befeuert durch Defizite in der Daseinsvorsorge. Es wurde daran erinnert: „Nicht alles ist Industriepolitik. Es geht um Hausärzte, Schulen und Wohnraum.“ Diese Alltagsprobleme bestimmten den gesellschaftlichen Zusammenhalt, nicht nur große Transformationsprojekte.

Auch technologische Lösungen wurden angesprochen – etwa Telemedizin, digital gestützte Bildung oder dezentrale Energien. Jedoch betonte ein Teilnehmer: Diese müssten sozialpolitisch flankiert werden. „Es geht nicht nur darum, ob eine Technologie existiert – sondern ob Menschen sie nutzen können.“

Ein Beitrag spiegelte Erfahrungen aus Regierung und Wahlkampf. Er nannte drei zerstörerische Mythen, die progressive Politik aktuell herausforderten:

  1. Der Fiskalmythos (man könne trotz multipler Krisen nichts investieren);

  2. Der Preismythos (Klimapolitik verteuere nur den Alltag);

  3. Der Trickle-Down-Mythos (Steuersenkungen seien Wachstumsrezepte).

Der Teilnehmer kam zum Resümee: „Wir haben zu lange versucht, Missverständnisse zu erklären. Aber es geht nicht mehr um Missverständnisse – es geht um Macht.“ Nötig sei jetzt, Narrative offensiv zu setzen und politische Kämpfe um Gerechtigkeit, Investitionen und sozialen Zusammenhalt aktiv zu führen.

Der Eindruck blieb: Die Berlin Declaration bleibt relevant – nicht trotz, sondern wegen der zunehmenden Turbulenz. Doch ihr Erfolg hängt davon ab, ob sie als dynamischer Referenzrahmen weiterentwickelt, konkretisiert und politisch verteidigt wird.

Interview mit Harold James

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