NEUES LEITMOTIV
The Berlin Summit 2025: From trade war to a new cooperative global governance?
Industriepolitik ist zu einem Eckpfeiler globaler Wirtschaftsstrategien geworden. Wie lassen sich legitime nationale Politiken verfolgen, ohne Handelskriege und andere willkürliche Maßnahmen zu provozieren? Dieses Panel des Berlin Summit 2025 diskutierte, wie ein Übergang zu einem kooperativen globalen Rahmen gelingen kann.
VON
DAVID KLÄFFLINGVERÖFFENTLICHT
19. JUNI 2025LESEDAUER
5 MIN
Anstatt von der guten alten Zeit zu träumen und zur Freihandelswelt vor 2015 zurückkehren zu wollen, wäre es vielleicht sinnvoller, einen neuen Kompromiss zu finden – etwas, das koordiniert ist.
Industriepolitik ist zu einem Eckpfeiler globaler Wirtschaftsstrategien geworden. Und kehrt damit jahrzehntelange marktliberale Orthodoxien um. Um strategische Verwundbarkeiten zu adressieren, setzen fortgeschrittene Volkswirtschaften zunehmend auf staatliche Eingriffe – durch Subventionen, Local-Content-Vorgaben und Industriepläne. Dieser Wandel wird angetrieben durch geopolitische Spannungen, die Klimatransformation und nationale Sicherheitsinteressen.
Thomas Fricke, Forum New Economy, eröffnete die Debatte mit einer kurzen Vorstellung eines Diskussionspapiers von
Jonas Nahm von der Johns-Hopkins-Universität. Die zentrale Frage:
Wie können legitime nationale Politiken in ein international kooperatives Umfeld eingebettet werden, das Handelskriege und willkürliche Maßnahmen vermeidet?
Während Industriepolitik Innovation und Resilienz verspricht, birgt sie zugleich das Risiko einer zunehmenden Fragmentierung der Weltwirtschaft. Der staatlich gesteuerte Kurs reicher Länder steht häufig im Widerspruch zu ihrer bisherigen marktwirtschaftlichen Rhetorik, was zu Legitimationsproblemen und dem Vorwurf doppelter Standards führt. Entwicklungsländer sehen sich beispielsweise rechtlichen Hürden gegenüber, wenn sie ähnliche Instrumente einsetzen wollen – etwa Indonesiens Exportbeschränkung für Nickel –, selbst wenn diese im Einklang mit nationalen Entwicklungszielen stehen.
Eine zentrale Herausforderung besteht darin, nationale strategische Interessen mit globaler Koordination in Einklang zu bringen.
Unilaterale Industriepolitiken können Subventionswettläufe auslösen, Märkte verzerren und den Globalen Süden ausschließen. Jonas Nahm plädiert für ein neues globales Regelwerk, das auf Transparenz, Nichtdiskriminierung und leistungsbezogene Förderung setzt, angepasst an die Entwicklungsstufe einzelner Länder. Industriepolitik sollte Wettbewerb, Produktivität und eine nachhaltige Integration in Wertschöpfungsketten fördern – nicht Ineffizienzen abschirmen.
Anstatt Industriepolitik zu unterdrücken, sollten Koordinationsmechanismen zwischen förderlichen und schädlichen Maßnahmen unterscheiden, Konsultation statt Konflikt fördern und grünes sowie inklusives Wachstum unterstützen. Der Erfolg liegt darin, nationale Ziele mit internationaler Kooperation zu vereinen, um gemeinsamen Wohlstand und technologischen Fortschritt zu ermöglichen.
Nancy Qian von der Northwestern University betonte, dass Industriepolitik zwar kein neues Instrument sei, heute aber mit anderen Risiken und Zielsetzungen verbunden ist. Sie plädierte für eine intelligentere Ausgestaltung – insbesondere durch eine gezielte Förderung vorgelagerter Sektoren und Maßnahmen zur Entwicklung von Wertschöpfungsketten in ärmeren Ländern.
Wir erfinden das Rad hier nicht neu, wir schauen uns einfach an, was bereits passiert ist – vielleicht mit einem neuen Rahmen, vielleicht mit neuen Begriffen, mit einer neuen Diskussion.
Guy Lalanne von der OECD warnte vor den Risiken von Intransparenz und ungezügelten Subventionswettläufen. Er betonte die Notwendigkeit größerer Transparenz und verlässlicher Evidenz, um Marktverzerrungen zu vermeiden und internationales Lernen zu fördern.
Industriepolitik ist längst keine stille Praxis mehr. Sie wird viel offener umgesetzt, und ihr Wesen verändert sich grundlegend. Doch das bringt natürlich auch Risiken mit sich.
Thiemo Fetzer von der University of Warwick legte den Fokus auf den Aufbau technischer und institutioneller Kapazitäten für internationale Zusammenarbeit –insbesondere durch bessere Datengrundlagen, Künstliche Intelligenz und die Integration von Dienstleistungen in der Klimapolitik.
Lasst uns versuchen, das Ganze technokratischer zu gestalten. Lasst uns auf Daten schauen. Lasst uns Wege finden, Informationen auszutauschen, ohne dabei nationale Geschäftsmodelle zu gefährden.
Die Panelteilnehmer waren sich einig: Industriepolitik wird bleiben – doch wenn sie nicht begleitet und gesteuert wird, könnte sie die globalen Ungleichgewichte weiter verschärfen. Stattdessen schlugen sie einen pragmatischen Weg vor: klarere Definitionen, mehr Transparenz, eine faire Integration in Wertschöpfungsketten und der Aufbau evidenzbasierter Kooperationsplattformen.