ZEITRAUM

In einer Rezension von Diane Coyles Buch „Cogs and Monsters: What Economics Is, and What It Should Be“ wirft James K. Galbraith der Cambridge-Professorin vor, das von Keynes, Kaldor und Co. hinterlassene Erbe der Cambridge Economics vernachlässigt zu haben.

Er beschuldigt die Autorin, einen für Reformer der Ökonomik typischen Fehler zu begehen: Sie mache sich dieselben falschen Prämissen zu eigen, die sie eigentlich überwinden wollte. Zum Beispiel rationale Individuen, vollkommene Wettbewerbsmärkte und Preise als Knappheitssignale. Natürlich räumt Galbraith ein, dass der Ökonomen-Mainstream den Marktfundamentalismus der 1980er Jahre hinter sich gelassen hat und verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse, asymmetrische Informationen oder starre Preise heute Standard sind. Dennoch blieben alle diese „Abweichungen“ der Orthodoxie treu, die Preise als Schlüssel zu allem betrachtet – etwas, das Nicholas Kaldor entschieden ablehnte, der Preissignale letztlich als Ausdruck von Mengensignalen betrachtete.

Galbraith zufolge braucht eine wirklich tiefgreifende Kritik der Ökonomik noch eine neue theoretische Grundlage – oder anders gesagt ein neues Paradigma. Vielleicht kann die Erkenntnis, dass man auf den Schultern von Riesen steht, dabei helfen.

Lesen Sie die vollständige Buchbesprechung hier.

Technischer Fortschritt wird üblicherweise als etwas Gutes angesehen, als Grundlage für unseren heutigen Wohlstand. In letzter Zeit gibt es jedoch immer mehr einflussreiche Ökonomen, die Bedenken äußern. Einer von ihnen ist Daron Acemoglu (MIT). In einer Studie mit Pascual Restrepo von der Boston University kommen die Autoren zu dem Schluss, dass mehr als die Hälfte der wachsenden Lohnunterschiede zwischen den amerikanischen Arbeitnehmern in den letzten 40 Jahren auf die Automatisierung von Aufgaben zurückzuführen ist, die früher von menschlichen Arbeitskräften erledigt wurden, insbesondere von Männern ohne Hochschulabschluss. Man muss kein Maschinenstürmer sein, um nach Interventionsmöglichkeiten der Politik zu fragen – vor allem, da die versprochenen Produktivitätssteigerungen schwer auszumachen sind.

Technologischer Wandel ist nicht etwas Gottgegebenes oder Unveränderliches, wie ihn einige Wirtschaftsmodelle als exogene Variable betrachten. Vielmehr kann er durch gesellschaftliche und politische Entscheidungen gestaltet werden. Nach Ansicht von Acemoglu sollte die technologische Entwicklung in eine menschenfreundlichere Richtung gelenkt werden. Konkret schlägt er eine faire steuerliche Behandlung der menschlichen Arbeitskraft im Verhältnis zu den Kosten für Maschinen und Software sowie gut konzipierte Bildungs- und Ausbildungsprogramme für die Arbeitsplätze der Zukunft vor.

Ausführlichere Informationen finden Sie in diesem Artikel der New York Times über Technologie und Ungleichheit.

Im Gespräch mit Joe Kaeser spricht der Harvard-Ökonom Dani Rodrik auch darüber, wie man Technologie so lenken kann, dass sie für die Menschen arbeitet und nicht gegen sie.

Am Montag hat der IWF Pierre-Olivier Gourinchas als den neuen ökonomischen Berater und Chefökonomen ernannt. Er folgt auf Gita Gopinath, die stellvertretende IWF-Geschäftsführerin wird.

Der Berkeley-Professor war in einer Reihe verschiedener makroökonomischer Forschungsfelder tätig – von globalen Ungleichgewichten und Kapitalflüssen über die Stabilität des internationalen Geld- und Finanzsystems, bis hin zur Wirtschaftspolitik im Pandemiezeitalter.

Mehr Informationen über Pierre-Olivier Gourinchas.

In einem Meinungskommentar fordert der ehemalige Bundesinnenminister (1978-1982) Gerhart Baum (FDP), dass die Liberalen ihr Misstrauen gegenüber staatlichen Eingriffen überwinden müssten. Er spricht sich für ein aktualisiertes Freiheitsverständnis aus, das Verantwortung einschließe.

Baum hofft auf die Wiederbelebung des „sozialen Liberalismus“, der die programmatische Ausrichtung der FDP in den 70er Jahren bestimmte. Mit der Ampelkoalition sei die richtige Zeit für eine liberale Neuausrichtung gekommen. Denn, so Baum: „Sozial, ökologisch und liberal, das ist eine gute Mischung.“

Der Autor nennt insbesondere zwei Anwendungsbereiche, in dem ein Paradigmenwechsel notwendig sei. Erstens, den Umweltschutz, den die FDP lange als freiheitseinschränkenden Wachstumskiller vernachlässigt hätte. Zweitens, die soziale Dimension. Im Zentrum liberaler Politik solle der Mensch und seine Selbstverwirklichung stehen – verknüpft mit gesellschaftlicher Verantwortung und dem Streben nach sozialer Gerechtigkeit.

Der vollständige Handelsblatt-Artikel ist (hinter einer Paywall) hier nachzulesen.

In einem kürzlich veröffentlichten Artikel beschreibt Jens van ‚t Klooster die Fiskal- und Geldpolitik der Europäischen Union seit 2008. Er spricht von einem wirklichen Paradigmenwechsel unter Zentralbankern und EU-Technokraten. Das neue Paradigma könnte Technokratischer Keynesianismus genannt werden, bei dem Entscheidungsträger von Ideen Minskys oder Keynes‘ beeinflusst versuchen die Macht des Kapitals zu begrenzen.

Diese Policy-Entscheidungen werden durch sogenannte strategische Ambiguität umgesetzt: monetäre Staatsfinanzierung und grüne Kreditrichtlinien werden mit ehemals hegemonialen marktliberalen Ideen gerechtfertigt, in dem Fall mit Preisstabilität bzw. Finanzierungsrisikos. Kontinuität wird suggeriert und die Einbindung der Legislative minimiert. Ähnlich wie dem Prozess der europäischen Integration lässt sich hier von einem Paradigmenwechsel durch die Hintertür sprechen.

Der vollständige Artikel ist frei verfügbar und ist hier abrufbar.

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Neues Leitmotiv

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Nach ein paar Jahrzehnten allzu naiven Marktglaubens brauchen wir dringend neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – und mehr: ein ganz neues Paradigma als Leitfaden. Wir sammeln alles zu den Leuten und der Community, die sich mit dieser großen Frage beschäftigen, sowie mit der historischen wie heutigen Wirkung von Paradigmen und Narrativen – ob in neuen Beiträgen, Auftritten, Büchern und Veranstaltungen.

Staat
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STAAT
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Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

Klima
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KLIMA
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Zu Hochzeiten des Glaubens an die Märkte galt als bestes Mittel gegen die Klimakrise, an den Märkten einen CO2-Preis aushandeln zu lassen. Heute ist zunehmend Konsens, dass das nur bedingt funktioniert - und es weit mehr braucht, als nur einen Preis.

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Das Gefälle zwischen Arm und Reich scheint selbst in einem Land wie Deutschland zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden. Um den Trend umzukehren, ist es wichtig, die wirklichen Ursachen des Auseinandergehens von Einkommen und Vermögen zu verstehen.

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Auch zehn Jahre nach der Finanzkrise scheint eine wirkliche Stabilität des Finanzsystems nicht in Sicht zu sein. Risiken werden periodisch falsch bewertet und führen zu Boom-Bust-Zyklen. Ein stabileres Finanzsystem sollte kurzfristige Spekulationen erschweren, systemische Risiken begrenzen und das Vermögen gerechter verteilen.

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Brauchen wir ein ganz neues Verständnis von Wirtschaftswachstum? Was wäre eine reale Alternative? Wie praktikabel sind Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt, wenn es um die Messung von Wohlstand geht? Um diese und andere grundsätzlichere Herausforderungen geht es in dieser Sektion.

Globalisierung
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Nach drei Jahrzehnten schlecht gemanagter Integration ist die Globalisierung durch soziale Unzufriedenheit und den Aufstieg populistischer Kräfte bedroht. Es gilt dringend die negativen Nebeneffekte auf viele Menschen zu beheben - und klarer zu definieren, welche Herausforderungen auf lokaler oder regionaler, und welche über Grenzen hinweg angegangen werden sollten.

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Das Europa der vergangenen Jahrzehnte wurde stark vom Primat der Wirtschaft und dem Vertrauen in die Heilungskraft der Märkte geprägt. Die Euro-Krise hat dies erschüttert. Seither wird gestritten, wie die Währungsunion vor neuen Paniken besser geschützt werden kann – und wie sich das Auseinanderdriften von Ländern besser verhindern lässt.

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Die aktuelle Corona Krise ist mitunter die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. ÖkonomInnen arbeiten intensiv an einer Milderung der wirtschaftlichen Folgen durch COVID-19. Es gilt eine zweite große Depression, den Zusammenbruch der Eurozone und das Ende der Globalisierung zu verhindern. Wir sammeln die wichtigsten Beiträge.