ZEITRAUM

Dealing with inflation, really – Artikel

Jayati Ghosh, Social Europe, 25.07.2022

Jayati Ghosh beklagt die Unfähigkeit der Wirtschaftswissenschaft, über unpräzise Analysen der Inflation – und unpräzise Maßnahmen zu ihrer Eindämmung – hinauszudenken.

Die Schuldenbremse wird zum Sicherheitsrisiko – Artikel

Thorsten Benner, Tagesspiegel, 24.07.2022

Die Union hat die schwarze Null zum Fetisch erklärt, heute könnte die Ampelregierung an der Schuldenbremse scheitern. Vernünftig ist das nicht, schreibt Thorsten Benner in einem Gastbeitrag.

The ECB turns the tables on panicky markets and policymakers – Artikel

Martin Sandbu, Financial Times, 24.07.2022

Investoren und Regierungen werden in dem jüngsten Versuch, die Probleme der Eurozone anzugehen, auf die Probe gestellt.

Der Investitionsstau der letzten zwei Jahrzehnte holt uns ein – Artikel

Martin Sandbu, Financial Times, 20.07.2022 

Trotz 20 Jahren billiger Kredite haben die Länder es nicht geschafft, ihre Zukunft zu sichern.

The regime at risk – macroprudentialism faces the test of inflation – Analyse

Adam Tooze, Substack, 16.07.2022

Der Kampf gegen die Inflation dominiert weiter die Debatten. Es geht es auch um die Frage, welche Risiken mit einer starken Verlangsamung der Wirtschaft verbunden sind. Dies ist nicht nur ein Test für bestimmte Politikmaßnahmen und Entscheidungsträger, sondern für ein ganzes politisches System.

 

Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) untersucht auf Basis von Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und SOEP die Belastung deutscher Haushalte über den gesamten Warenkorb entlang der Einkommensverteilung.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass der Preisanstieg Haushalte umso mehr belastet, je niedriger ihre Einkünfte sind. Außerdem würden die Hilfspakete vor allem das unterste Einkommensdezil entlasten, während die untere Mittelschicht aber weiterhin signifikant von Preissteigerungen betroffen sei. Sollte Inflation in der zweiten Jahreshälfte weiter zunehmen, wären insbesondere einkommensschwache Haushalte stärker von Armut gefährdet.

Eine ausführliche Zusammenfassung der Studie gibt es hier.

Global steigenden Preise sind Ausdruck einer Verschiebung weg von einem latenten Nachfragemangel, hin zu einer Angebotsknappheit. Eine Phase von Lieferengpässen und allgemeiner Knappheit. In einem neuen Beitrag plädiert Gustav Horn deshalb für eine Umorientierung in der Politik auf die Angebotsseite.

Statt (nur) auf das klassische Mittel höherer Zinsen zu setzen, das über eine Dämpfung der Nachfrage die Inflation senkt, könnte eine auf die Erweiterung des Angebots konzentrierte Politik dieses Ziel zu geringeren Kosten erreichen. Außerdem könnte laut Horn eine zukunftssichernde Angebotspolitik die Energie- und die Mobilitätswende vorantreiben und breitflächige Digitalisierung ermöglichen. Dafür müsse Globalisierung neu gestaltet werden und statt auf naive Handelsbeziehungen, eher auf Resilienz ausgelegt sein. Im Zentrum steht die Mobilisierung des Arbeitsmarkts, damit mehr Menschen Chancen auf gute Arbeit erhalten.

Den ganzen Beitrag gibt es hier.

Französischer Finanzminister: EU-Schuldenregeln sind „obsolet“ – Artikel
Victor Mallet & Leila Abboud, Financial Times, 07.07.2022

Bruno Le Maire kündigt die „sparsame“ Union auf und verspricht weitere Wirtschaftsreformen.

Dobrindt fordert befristeten „Bürgerbasispreis“ beim Gas – Artikel
FAZ, 05.07.2022

Die Gaspreise werden steigen. Die CSU will dagegen mit einem Bürgerbasispreis einen Deckel auf den Grundbedarf je Person festlegen.

All That Is Solid Melts into Inflation – Article
Harold James, Project Syndicate, 05.07.2022

Policymakers in Western industrialized countries would do well to remember that periods of high inflation historically have led to much bigger problems. By trying to bind societies together with money, central banks have repeatedly sown the seeds of broader political and social dissolution.

Nur eine progressive Steuerrevolution kann den Klimakollaps vielleicht noch aufhalten – Artikel
Ulrich Thielemann, Makronom, 04.07.2022

Die Zeit, um den Klimakollaps allein mit marktkonformen Instrumenten abzuwenden, ist abgelaufen – jetzt helfen nur mehr Verbrauchsminderungen. Und durch eine Wegbesteuerung des desaströsen Überkonsums können zugleich die Mittel für den Aufbau einer regenerativen Infrastruktur verfügbar gemacht werden.

Ein ökonomisches Paradigma zeichnet sich dadurch aus, dass es politikübergreifend ist. In seiner Blütezeit wurde der keynesianische Wohlfahrtsstaat von konservativen Politikern ebenso unterstützt wie von denen der Linken. Ähnlich verhielt es sich mit dem Neoliberalismus, als auch Mitte-Links-Politiker wie Bill Clinton und Tony Blair einen Großteil der marktfreundlichen Agenda verinnerlicht hatten.

Heute befinden wir uns inmitten eines Übergangs weg vom Marktliberalismus, aber was an seine Stelle treten wird, ist höchst ungewiss. In einem neuen Artikel sieht Dani Rodrik Anzeichen für die Entstehung eines neuen Paradigmas, das er als „Produktivismus“ bezeichnet.

Dieser mögliche neue überparteiliche Konsens legt den Schwerpunkt auf die Verbreitung produktiver Möglichkeiten in allen Regionen und allen Segmenten der Erwerbsbevölkerung. Anders als im Marktliberalismus spielen die Regierungen und die Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle bei der Erreichung dieses Ziels. Der Produktivismus setzt weniger Vertrauen in die Märkte, misstraut großen Unternehmen, gibt der Produktion und den Investitionen den Vorzug vor der Finanzierung und zieht die Wiederbelebung lokaler Gemeinschaften der Globalisierung vor. Es weicht auch vom keynesianischen Wohlfahrtsstaat ab, indem es sich weniger auf Umverteilung, Sozialtransfers und makroökonomisches Management konzentriert und mehr auf angebotsseitige Maßnahmen zur Schaffung guter Arbeitsplätze für alle.

Rodrik sieht Beispiele für dieses neue Paradigma auf beiden Seiten des amerikanischen politischen Spektrums. Die Regierung von Joe Biden – und einige ihrer Maßnahmen – weisen viele dieser Elemente auf. Beispiele dafür sind das Eintreten für industriepolitische Maßnahmen zur Erleichterung des umweltfreundlichen Übergangs, zum Wiederaufbau inländischer Lieferketten und zur Förderung guter Arbeitsplätze. Aber er nennt auch Beispiele von rechts. Beunruhigt durch den Aufstieg Chinas drängen auch die Republikaner auf eine Investitions- und Innovationspolitik zur Förderung der US-Produktion.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Produktivismus in der Produktion, der Arbeit und dem Lokalismus verwurzelt ist und nicht in der Finanzwirtschaft, dem Konsumismus und dem Globalismus. Der neue wirtschaftspolitische Rahmen könnte sich zu einem neuen politischen Modell entwickeln, das sogar die Vorstellungen der am stärksten polarisierten politischen Gegner anspricht. Lesen Sie den ganzen Artikel hier.

UNSERE THEMENSCHWERPUNKTE

Neues Leitmotiv

NEUES LEITMOTIV

Nach ein paar Jahrzehnten allzu naiven Marktglaubens brauchen wir dringend neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – und mehr: ein ganz neues Paradigma als Leitfaden. Wir sammeln alles zu den Leuten und der Community, die sich mit dieser großen Frage beschäftigen, sowie mit der historischen wie heutigen Wirkung von Paradigmen und Narrativen – ob in neuen Beiträgen, Auftritten, Büchern und Veranstaltungen.

Staat
neu denken

STAAT
NEU DENKEN

Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

Klima
in Wohlstand
retten

KLIMA
IN WOHLSTAND
RETTEN

Zu Hochzeiten des Glaubens an die Märkte galt als bestes Mittel gegen die Klimakrise, an den Märkten einen CO2-Preis aushandeln zu lassen. Heute ist zunehmend Konsens, dass das nur bedingt funktioniert - und es weit mehr braucht, als nur einen Preis.

Ungleichheit
verringern

UNGLEICHHEIT
VERRINGERN

Das Gefälle zwischen Arm und Reich scheint selbst in einem Land wie Deutschland zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden. Um den Trend umzukehren, ist es wichtig, die wirklichen Ursachen des Auseinandergehens von Einkommen und Vermögen zu verstehen.

Finanzwelt
erneuern

FINANZWELT
ERNEUERN

Auch zehn Jahre nach der Finanzkrise scheint eine wirkliche Stabilität des Finanzsystems nicht in Sicht zu sein. Risiken werden periodisch falsch bewertet und führen zu Boom-Bust-Zyklen. Ein stabileres Finanzsystem sollte kurzfristige Spekulationen erschweren, systemische Risiken begrenzen und das Vermögen gerechter verteilen.

Innovation Lab

INNOVATION LAB

Brauchen wir ein ganz neues Verständnis von Wirtschaftswachstum? Was wäre eine reale Alternative? Wie praktikabel sind Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt, wenn es um die Messung von Wohlstand geht? Um diese und andere grundsätzlichere Herausforderungen geht es in dieser Sektion.

Globalisierung
für alle

GLOBALISIERUNG
FÜR ALLE

Nach drei Jahrzehnten schlecht gemanagter Integration ist die Globalisierung durch soziale Unzufriedenheit und den Aufstieg populistischer Kräfte bedroht. Es gilt dringend die negativen Nebeneffekte auf viele Menschen zu beheben - und klarer zu definieren, welche Herausforderungen auf lokaler oder regionaler, und welche über Grenzen hinweg angegangen werden sollten.

Europa
jenseits
der Märkte

EUROPA
JENSEITS
DER MÄRKTE

Das Europa der vergangenen Jahrzehnte wurde stark vom Primat der Wirtschaft und dem Vertrauen in die Heilungskraft der Märkte geprägt. Die Euro-Krise hat dies erschüttert. Seither wird gestritten, wie die Währungsunion vor neuen Paniken besser geschützt werden kann – und wie sich das Auseinanderdriften von Ländern besser verhindern lässt.

Corona-Krise

CORONA-KRISE

Die aktuelle Corona Krise ist mitunter die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. ÖkonomInnen arbeiten intensiv an einer Milderung der wirtschaftlichen Folgen durch COVID-19. Es gilt eine zweite große Depression, den Zusammenbruch der Eurozone und das Ende der Globalisierung zu verhindern. Wir sammeln die wichtigsten Beiträge.