ZEITRAUM

Durch den Wegfall von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket und weiteren Preissteigerungen bei Energie und Nahrungsmitteln sind laut einer Untersuchung des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) einkommensschwache Familien besonders stark betroffen.

„Mit 11,4 % war die haushaltsspezifische Inflationsrate von einkommensschwachen Paaren mit 2 Kindern am höchsten unter den hier betrachteten Haushalten. Die geringste haushaltsspezifische Teuerungsrate verzeichneten wie durchgängig seit Januar 2022 einkommensstarke Alleinlebende (8,0 %).“

Damit erreicht nicht nur die Inflationsrate mit insgesamt 10% einen historischen Rekordwert, sondern auch die Inflationsspannweite zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen mit 3,4 Prozentpunkten.

Warum Dienstleistungen eine Industriepolitik brauchen – Artikel
Dani Rodrik, Project Syndicate, 12.10.2022

Die Steigerung der Produktivität im Dienstleistungssektor ist bekanntermaßen schwierig und wird oft durch eine Unzahl gut gemeinter Zulassungs-, Sicherheits- und anderer Vorschriften behindert. Wenn es den politischen Entscheidungsträgern jedoch ernst damit ist, das Angebot an guten Arbeitsplätzen für weniger qualifizierte Arbeitnehmer zu erhöhen, müssen sie ihre Bemühungen auf den Dienstleistungssektor richten.

Der öffentlich-private Finanzierungscocktail – Artikel
Michael Peters & Uwe Zöllner, Makronom, 10.10.2022

Die „Mobilisierung“ privaten Kapitals soll nach dem Willen der Bundesregierung eine zentrale Rolle bei der Finanzierung der ökologischen Transformation spielen. Doch dies kann nur unter gewissen Bedingungen zum Erfolg führen.

Auf dem Weg zu einer progressiven Wirtschaftsagenda – Artikel
Mariana Maazucato, Project Syndicate, 05.10.2022

Das Versagen der Politik in der Vergangenheit und die unerfüllten Versprechen der Populisten stellen eine Chance für progressive Politiker dar. Doch um die Macht zu gewinnen, müssen sie ein kohärentes alternatives wirtschaftspolitisches Programm formulieren, das sich nicht nur auf Umverteilung, sondern auch auf Wohlstand und Wertschöpfung konzentriert.

Die Politik der Bezahlschranken: Ein einfacher Ansatz – Blogbeitrag
JW Mason, October 2022

Eine der zentralen wirtschaftlichen Debatten unter Progressiven dreht sich um die Frage, ob es notwendig oder wünschenswert ist, neue öffentliche Ausgaben mit Steuererhöhungen in ähnlicher Größenordnung zu begleiten. In den letzten Jahren hat sich diese Debatte vielleicht am deutlichsten oder zumindest am heftigsten im Zusammenhang mit der modernen Geldtheorie gezeigt. Aber die Debatte selbst ist breiter angelegt und älter.

Steuertarif nicht der richtige Hebel für gezielte Entlastungen – Artikel
Katja Rietzler, Wirtschaftsdienst, Oktober 2022

Angesichts der drastischen Preissteigerungen hat die Bundesregierung im September 2022 bereits das dritte Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Um eine steuerliche Mehrbelastung durch die kalte Progression zu verhindern, wird regelmäßig eine jährliche Anpassung des Steuertarifs an die Preisentwicklung gefordert. Warum das allein problematisch ist.

Gestern wurde der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften an den ehemaligen US-Notenbankchef Ben Bernanke sowie an die beiden Ökonomen Douglas W. Diamond und Philip H. Dybvig vergeben. Sie wurden für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen ausgezeichnet.

Das Diamond-Dybvig-Modell aus den 1980ern zeigt mit einfachen spieltheoretischen Methoden, wie anfällig Banken als Intermediäre für Fristentransformation (langfristige Kredite und kurzfristige Depositen) für Bank-Runs sind. Ben Bernanke wurde für seine Forschung über die Great Depression in den 1930ern ausgezeichnet, wie sich insbesondere damit beschäftigt hat, wie sich die Finanzkrise zu einer Rezession entwickelt hat (from Wall-Street to Main-Street).

Auch wegen des Einflusses der genannten Forschung war die Finanzkrise 2008/09 nicht so verheerend wie die Große Depression und sind klassische Bank-Runs mittlerweile selten geworden. Das deutet jedoch auch darauf hin, dass Banken nur eine Seite der Geschichte sind und die großen Risiken des Finanzsektors mittlerweile von den Schattenbanken ausgehen. Doch auch hier kann das Modell helfen, um den Zielkonflikt zwischen Liquiditätssicherung und Risikoabminderung (Verhinderung von Moral Hazard) zu verstehen.

Die Reaktionen auf den Preis waren gemischt. Während manche die Forschung für ihren Beitrag zur Abmilderung der Finanzkrise oder sogar zur Rettung der Welt lobten, kritisierten andere das veraltete Verständnis von Banken als simple Intermediäre und unterstrichen ihre Kreditschöpfungsfunktion.

Die Ungleichheit hat in den letzten Jahrzehnten in vielen großen Volkswirtschaften, darunter auch in Deutschland, stark zugenommen. Eine neue Studie zeigt, dass eine Steuer auf hohe Vermögen, wie Spanien sie derzeit einführt, auch in Deutschland helfen könnte, die Ungleichheit zu verringern, ohne dabei das Wachstum zu schmälern.

Linus Mattauch analyisert in einem Gastbeitrag für Makronom, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssten.

 

In der heutigen Ausgabe der Zeit berichtet Mark Schieritz über den Protestbrief von Top-Ökonomen an den OECD-Chef Mathias Cormann wegen seines feindlichen Kurses gegen die OECD-Initiative „New Approaches to Economic Challenges“ (NAEC). Zum Artikel geht es hier.

UNSERE THEMENSCHWERPUNKTE

Neues Leitmotiv

NEUES LEITMOTIV

Nach ein paar Jahrzehnten allzu naiven Marktglaubens brauchen wir dringend neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – und mehr: ein ganz neues Paradigma als Leitfaden. Wir sammeln alles zu den Leuten und der Community, die sich mit dieser großen Frage beschäftigen, sowie mit der historischen wie heutigen Wirkung von Paradigmen und Narrativen – ob in neuen Beiträgen, Auftritten, Büchern und Veranstaltungen.

Staat
neu denken

STAAT
NEU DENKEN

Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

Klima
in Wohlstand
retten

KLIMA
IN WOHLSTAND
RETTEN

Zu Hochzeiten des Glaubens an die Märkte galt als bestes Mittel gegen die Klimakrise, an den Märkten einen CO2-Preis aushandeln zu lassen. Heute ist zunehmend Konsens, dass das nur bedingt funktioniert - und es weit mehr braucht, als nur einen Preis.

Ungleichheit
verringern

UNGLEICHHEIT
VERRINGERN

Das Gefälle zwischen Arm und Reich scheint selbst in einem Land wie Deutschland zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden. Um den Trend umzukehren, ist es wichtig, die wirklichen Ursachen des Auseinandergehens von Einkommen und Vermögen zu verstehen.

Finanzwelt
erneuern

FINANZWELT
ERNEUERN

Auch zehn Jahre nach der Finanzkrise scheint eine wirkliche Stabilität des Finanzsystems nicht in Sicht zu sein. Risiken werden periodisch falsch bewertet und führen zu Boom-Bust-Zyklen. Ein stabileres Finanzsystem sollte kurzfristige Spekulationen erschweren, systemische Risiken begrenzen und das Vermögen gerechter verteilen.

Innovation Lab

INNOVATION LAB

Brauchen wir ein ganz neues Verständnis von Wirtschaftswachstum? Was wäre eine reale Alternative? Wie praktikabel sind Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt, wenn es um die Messung von Wohlstand geht? Um diese und andere grundsätzlichere Herausforderungen geht es in dieser Sektion.

Globalisierung
für alle

GLOBALISIERUNG
FÜR ALLE

Nach drei Jahrzehnten schlecht gemanagter Integration ist die Globalisierung durch soziale Unzufriedenheit und den Aufstieg populistischer Kräfte bedroht. Es gilt dringend die negativen Nebeneffekte auf viele Menschen zu beheben - und klarer zu definieren, welche Herausforderungen auf lokaler oder regionaler, und welche über Grenzen hinweg angegangen werden sollten.

Europa
jenseits
der Märkte

EUROPA
JENSEITS
DER MÄRKTE

Das Europa der vergangenen Jahrzehnte wurde stark vom Primat der Wirtschaft und dem Vertrauen in die Heilungskraft der Märkte geprägt. Die Euro-Krise hat dies erschüttert. Seither wird gestritten, wie die Währungsunion vor neuen Paniken besser geschützt werden kann – und wie sich das Auseinanderdriften von Ländern besser verhindern lässt.

Corona-Krise

CORONA-KRISE

Die aktuelle Corona Krise ist mitunter die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. ÖkonomInnen arbeiten intensiv an einer Milderung der wirtschaftlichen Folgen durch COVID-19. Es gilt eine zweite große Depression, den Zusammenbruch der Eurozone und das Ende der Globalisierung zu verhindern. Wir sammeln die wichtigsten Beiträge.