Quick & New –
der New-Economy-Ticker
Aktuelle Nachrichten, Debatten, Vorschläge und Entwicklungen zum neuen ökonomischen Denken auf einen Blick.
Dieses Grundeinkommen wünschen sich die Deutschen – Artikel
Florian Diekmann, Spiegel, 23.05.23
Jeden Monat Geld vom Staat für alle: Diese Idee ist in Deutschland sehr umstritten. Nun haben Forschende ermittelt, wie ein mehrheitsfähiges Grundeinkommen aussehen müsste, wie hoch es wäre – und wer besonders dafür ist.
European public goods and fiscal rules for the new economic policy – Artikel
Angel Ubide, El Pais, 21.05.23
The EU will not achieve its goals for strategic autonomy and decarbonization, without a budget to support them.
Economist Daron Acemoglu: ‘When mistakes involve powerful technologies, you’re going to have trouble’ – Interview
Rana Foroohar, FT, 19.05.23
The MIT professor on how AI can benefit the workers not ‘the takers’ — and seeing the world from Trump supporters’ point of view.
Wohlbefinden als neues Wachstumsmaß – Artikel
Werner Mussler, FAZ, 16.05.23
Die Wachstumsaussichten für die EU sind in diesem und im kommenden Jahr eher mager. Ist das der Grund, warum die EU-Kommission sich neue Definitionen überlegt?
IWF fordert Reform der deutschen Schuldenbremse – Artikel
Rheinische Post, 16.05.23
Alternde Bevölkerung, kaum Wirtschaftswachstum, hohe Inflation — der Internationale Währungsfonds zeichnet für Deutschland keine besonders rosige Zukunft. Um wirtschaftlich wieder leistungsfähiger zu werden, sollte die Bundesregierung die Schuldenbremse lockern, rät die Washingtoner Finanzorganisation.
Europe can’t decide how to unplug from China – Artikel (Paywall)
The Economist, 15.05.23
How should Europe handle China? The continent is trying to decide. After decades of pursuing trade, Europeans are pondering how much to decouple.
Der IWF hat in seinem jüngsten Bericht für Deutschland Reformen vorgeschlagen, um fiskalischen Spielraum für höhere öffentliche Investitionen, steigende alterungsbedingte Ausgaben zu schaffen und den grünen Übergang zu beschleunigen. Im Gegensatz zum derzeitigen ausgabenbasierten Sparkurs der Ampelkoalition schlägt der IWF vor, fiskalischen Spielraum auch durch Steuern und eine Aktualisierung der Fiskalregeln zu gewinnen. Ein Beispiel ist eine zeitlich befristete Solidaritätszuschlag für Haushalte mit höherem Einkommen. Aber auch eine Reform der Grundsteuer oder der Abbau von umweltschädlichen Subventionen werden genannt.
Obwohl Deutschland über einen großen fiskalischen Spielraum verfügt, um auf Schocks zu reagieren, bleibt aufgrund der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse, die die jährliche strukturelle Neuverschuldung auf Bundesebene auf 0,35 Prozent des BIP begrenzt, kaum Spielraum. […] Um angemessene Mittel für die grüne Transformation, die Digitalisierung und die Förderung von Human- und Sachkapital bereitzustellen, muss Deutschland möglicherweise neuen fiskalischen Spielraum schaffen, indem es Ausgabenreformen durchführt, zusätzliche Einnahmen mobilisiert und/oder die Schuldenbremse anpasst. Solche Maßnahmen könnten beispielsweise eine Reform der Grundsteuer und/oder den Abbau von Subventionen umfassen, die verzerrend oder umweltschädlich sind.
Auch eine Reform der deutschen Schuldenbremse wird angeregt:
Deutschland sollte eine Anpassung der Schuldenbremse in Betracht ziehen, um sie besser mit den finanzpolitischen Regeln der EU in Einklang zu bringen und die Abhängigkeit von außerbudgetären Mitteln zu verringern. Um die Transparenz, die Kohärenz mit den finanzpolitischen Regeln der EU und die Wirksamkeit der Schuldenbremse zu verbessern, sollte die Regierung eine Überarbeitung der Regel in Betracht ziehen, um die Verwendung außerbudgetärer Mittel zu begrenzen und die jährliche Defizitgrenze etwas anzuheben, vielleicht um 1 Prozentpunkt des BIP. Die letztgenannte Änderung würde die Regel angesichts des erheblichen mittelfristigen Ausgabenbedarfs in Deutschland realistischer machen und gleichzeitig sicherstellen, dass der Schuldenstand weiterhin unter 60 Prozent des BIP sinkt.
Lesen Sie das gesamte IWF-Statement hier.
Mehr als nur Frauen, die Vollzeit arbeiten – Artikel
Lisa Hanzl, Makronom, 15.05.23
Eine progressive, feministische Arbeitsmarktpolitik muss einen transformativen Charakter haben, um aktuell dominante Strukturen aufzubrechen. Doch wie sehen Politikmaßnahmen aus, die Ungleichheit an ihrem Ursprung bekämpfen?
Die Bedrohung und das Versprechen der künstlichen Intelligenz – Kolumne
Martin Wolf, Financial Times, 09.05.23
Sie könnte die Technologie sein, die das Selbstverständnis der Menschen am meisten verändert.
Credit Suisse: Too big to manage, too big to resolve, or simply too big? – Policy Brief
Anat Admati, Martin Hellwig, Richard Portes, CEPR, 08.05.23
Der Ansturm auf die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse im März 2023 hat die Aufmerksamkeit auf die Bankenregulierung, die Abwicklung und das Eingreifen der Regierungen gelenkt. In diesem Beitrag werden die Einzelheiten des Ansturms auf die Credit Suisse und ihre letztendliche Übernahme durch die UBS analysiert.
(Keine) Angst vorm Sensenmann? – Artikel
Moritz Gartiser, Makronom, 08.05.23
Ein maßgeblicher Treiber der Ungleichheit in Deutschland ist der Rückgang der Besteuerung hoher Vermögen. Eine Analyse der Medienberichterstattung zur Erbschaftsteuer gibt nun Hinweise dafür, wie Steuersenkungen öffentlich kommentiert und legitimiert werden.
Washingtons neues Narrativ für die Weltwirtschaft – Artikel
Dani Rodrik, Project Syndicate, 05.05.23
Während die Wirtschaftsagenda der Regierung Biden eine willkommene Abkehr von früheren demokratischen Präsidentschaften darstellt, haben ihre jüngsten Maßnahmen gegen China Bedenken hinsichtlich Protektionismus geweckt. Die jüngsten Entwicklungen deuten jedoch darauf hin, dass die USA ihre nationalen Sicherheitsinteressen wahrnehmen können, ohne die Weltwirtschaft zu untergraben.
Keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale – Parlamentsnachrichten
Deutscher Bundestag, Parlamentsnachrichten, 02.05.23
Die Bundesregierung sieht bisher keine Anzeichen für eine die Inflation treibende Lohn-Preis-Spirale. In der Antwort (20/6569) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/6258) schreibt die Regierung weiter, gegen eine Lohn-Preis-Spirale würden die Entlastungspakete sowie die Inflationsausgleichsprämie wirken. Auch in der Eurozone gebe es derzeit keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale.
Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“. Die Idee dieses berühmt-berüchtigten Zitats von Milton Friedman, dass Inflation heißt, zu viel Geld jage zu wenig Waren, ist eine der einflussreichsten in der Geschichte des ökonomischen Denkens und prägt auch die Diskussion über den jüngsten Preisanstieg.
Kürzlich wurden mit James Forder und Thomas Palley zwei Interviews mit Kritikern dieser Sichtweise veröffentlicht, die jeweils aus einer anderen Richtung kommen. James Forder argumentiert, dass es etwas gibt, das er den „Phillips-Kurven-Mythos“ nennt, eine Art Meisternarrativ der modernen Ökonomik.
Der Phillips-Kurven-Mythos ist die Vorstellung, dass in den 1960er Jahren – bevor Milton Friedman der Welt die Erleuchtung brachte – unter Ökonomen, insbesondere unter „keynesianischen“ Ökonomen, ein weit verbreiteter, aber falscher Glaube herrschte, dass die politischen Entscheidungsträger die Arbeitslosigkeit durch eine expansive Politik, die die Inflation etwas ansteigen ließ, verringern könnten, und dass dieses Ergebnis sicher über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden könnte. […] Aber der Mythos ist die Vorstellung, dass viele Menschen dies jemals geglaubt haben oder dass es der Konsens der damaligen Zeit war.
Thomas Palley hingegen erkennt an, dass Friedman einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Inflation geleistet hat – allerdings nur für eine bestimmte Art von Inflation, die er als „demand-pull“ bezeichnet. Palley unterscheidet darüber hinaus zwischen fünf weiteren Arten von Inflation (Konfliktinflation, angebotsseitige Inflation, importierte Inflation, hohe Inflation, Hyperinflation), die alle unterschiedliche Ursachen haben. Darüber hinaus argumentiert er im Gegensatz zu Forder auf der Grundlage der Arbeiten von Tobin, dass es sehr wohl eine systematische Phillipskurve gibt – allerdings eine, in der die Inflationserwartungen berücksichtigt werden.
Der Grundgedanke von Tobin ist, dass wir uns die Wirtschaft als eine aus vielen Sektoren bestehende Volkswirtschaft vorstellen müssen, oder als viele kleine Volkswirtschaften, die zu einer Volkswirtschaft zusammengefasst werden. Jeder Sektor ist von zufälligen Störungen betroffen. Nachfrage und Ausgaben verschieben sich zwischen diesen Sektoren. Und dies geschieht die ganze Zeit über. Zu jedem Zeitpunkt herrscht in einigen Sektoren Vollbeschäftigung, in anderen weniger als Vollbeschäftigung. […] Die implizite Ansicht von Tobin ist, dass Arbeitsmärkte wie Rolltreppen sind. Es gibt einen Schock; der lokale Arbeitsmarkt passt sich dann langsam wieder der Vollbeschäftigung an. Ein schnelleres Nachfragewachstum ist eine Möglichkeit, die Rolltreppe zu beschleunigen, so dass man schneller zur Vollbeschäftigung gelangt. Der Preis dafür ist jedoch die Inflation auf den Arbeitsmärkten in anderen Regionen, auf denen bereits Vollbeschäftigung herrscht.
Lesen Sie das Interview mit James Forder hier und das Interview mit Thomas Palley hier.
Kürzlich hat die OECD zwei deutschlandspezifische Studien vorgestellt: Der Wirtschaftsbericht für Deutschland 2023 untersucht die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes im Kontext globaler und nationaler Herausforderungen, darunter die anhaltende Energiekrise. Die Studie gibt politische Empfehlungen zur Stärkung des Aufschwungs. Ein Sonderkapitel analysiert, wie Deutschland seine ehrgeizigen Klimaziele erreichen. Gefordert wird unter anderem, Steuervergünstigungen abzubauen und die Verwaltung des öffentlichen Sektors zu modernisieren und zu reformieren. Außerdem soll die Steuerbelastung der Arbeitseinkommen gesenkt werden, dafür aber andere Steuern wie die Erbschafts-, Schenkungs- und Grundsteuer erhöht.
Der Umweltprüfbericht für Deutschland 2023 bewertet Deutschlands Fortschritt bei der Bewältigung umweltpolitischer Herausforderungen und untersucht, wie Ziele in den Bereichen Energie, Klima und Artenvielfalt mit einem integrierten Ansatz erreicht werden können. Besonderes Augenmerk liegt auf Deutschlands Energiewende und den Fortschritten auf dem Weg zu Klimaneutralität und nachhaltiger Mobilität. Ein Sonderkapitel nimmt das deutsche Engagement für Klimaanpassung und Investitionen in naturbasierte Lösungen unter die Lupe.
Die Hauptergebnisse des Berichts, zusammengefasst in einem Artikel der Zeit:
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Deutschland aufgefordert, ambitionierter zu handeln, um bis zum Jahr 2045 tatsächlich treibhausgasneutral zu werden. Die OECD appellierte bei der Übergabe ihres Wirtschafts- und des Umweltprüfberichts an die Bundesregierung, bestehende Klimamaßnahmen beschleunigt umzusetzen und neue Maßnahmen zu ergreifen – vor allem in Sektoren, die ihre Ziele nicht erfüllt haben. Bedarf sehen die Expertinnen und Experten dabei insbesondere beim Sektor Verkehr. So müsse es mehr öffentliche Investitionen in den Schienenverkehr geben – vor allem in den öffentlichen Nahverkehr, um die Anbindung dünn besiedelter Gebiete an die städtischen Zentren zu verbessern.