Quick & New –
der New-Economy-Ticker
Aktuelle Nachrichten, Debatten, Vorschläge und Entwicklungen zum neuen ökonomischen Denken auf einen Blick.
Mehr als nur Frauen, die Vollzeit arbeiten – Artikel
Lisa Hanzl, Makronom, 15.05.23
Eine progressive, feministische Arbeitsmarktpolitik muss einen transformativen Charakter haben, um aktuell dominante Strukturen aufzubrechen. Doch wie sehen Politikmaßnahmen aus, die Ungleichheit an ihrem Ursprung bekämpfen?
Die Bedrohung und das Versprechen der künstlichen Intelligenz – Kolumne
Martin Wolf, Financial Times, 09.05.23
Sie könnte die Technologie sein, die das Selbstverständnis der Menschen am meisten verändert.
Credit Suisse: Too big to manage, too big to resolve, or simply too big? – Policy Brief
Anat Admati, Martin Hellwig, Richard Portes, CEPR, 08.05.23
Der Ansturm auf die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse im März 2023 hat die Aufmerksamkeit auf die Bankenregulierung, die Abwicklung und das Eingreifen der Regierungen gelenkt. In diesem Beitrag werden die Einzelheiten des Ansturms auf die Credit Suisse und ihre letztendliche Übernahme durch die UBS analysiert.
(Keine) Angst vorm Sensenmann? – Artikel
Moritz Gartiser, Makronom, 08.05.23
Ein maßgeblicher Treiber der Ungleichheit in Deutschland ist der Rückgang der Besteuerung hoher Vermögen. Eine Analyse der Medienberichterstattung zur Erbschaftsteuer gibt nun Hinweise dafür, wie Steuersenkungen öffentlich kommentiert und legitimiert werden.
Washingtons neues Narrativ für die Weltwirtschaft – Artikel
Dani Rodrik, Project Syndicate, 05.05.23
Während die Wirtschaftsagenda der Regierung Biden eine willkommene Abkehr von früheren demokratischen Präsidentschaften darstellt, haben ihre jüngsten Maßnahmen gegen China Bedenken hinsichtlich Protektionismus geweckt. Die jüngsten Entwicklungen deuten jedoch darauf hin, dass die USA ihre nationalen Sicherheitsinteressen wahrnehmen können, ohne die Weltwirtschaft zu untergraben.
Keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale – Parlamentsnachrichten
Deutscher Bundestag, Parlamentsnachrichten, 02.05.23
Die Bundesregierung sieht bisher keine Anzeichen für eine die Inflation treibende Lohn-Preis-Spirale. In der Antwort (20/6569) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/6258) schreibt die Regierung weiter, gegen eine Lohn-Preis-Spirale würden die Entlastungspakete sowie die Inflationsausgleichsprämie wirken. Auch in der Eurozone gebe es derzeit keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale.
Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“. Die Idee dieses berühmt-berüchtigten Zitats von Milton Friedman, dass Inflation heißt, zu viel Geld jage zu wenig Waren, ist eine der einflussreichsten in der Geschichte des ökonomischen Denkens und prägt auch die Diskussion über den jüngsten Preisanstieg.
Kürzlich wurden mit James Forder und Thomas Palley zwei Interviews mit Kritikern dieser Sichtweise veröffentlicht, die jeweils aus einer anderen Richtung kommen. James Forder argumentiert, dass es etwas gibt, das er den „Phillips-Kurven-Mythos“ nennt, eine Art Meisternarrativ der modernen Ökonomik.
Der Phillips-Kurven-Mythos ist die Vorstellung, dass in den 1960er Jahren – bevor Milton Friedman der Welt die Erleuchtung brachte – unter Ökonomen, insbesondere unter „keynesianischen“ Ökonomen, ein weit verbreiteter, aber falscher Glaube herrschte, dass die politischen Entscheidungsträger die Arbeitslosigkeit durch eine expansive Politik, die die Inflation etwas ansteigen ließ, verringern könnten, und dass dieses Ergebnis sicher über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden könnte. […] Aber der Mythos ist die Vorstellung, dass viele Menschen dies jemals geglaubt haben oder dass es der Konsens der damaligen Zeit war.
Thomas Palley hingegen erkennt an, dass Friedman einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Inflation geleistet hat – allerdings nur für eine bestimmte Art von Inflation, die er als „demand-pull“ bezeichnet. Palley unterscheidet darüber hinaus zwischen fünf weiteren Arten von Inflation (Konfliktinflation, angebotsseitige Inflation, importierte Inflation, hohe Inflation, Hyperinflation), die alle unterschiedliche Ursachen haben. Darüber hinaus argumentiert er im Gegensatz zu Forder auf der Grundlage der Arbeiten von Tobin, dass es sehr wohl eine systematische Phillipskurve gibt – allerdings eine, in der die Inflationserwartungen berücksichtigt werden.
Der Grundgedanke von Tobin ist, dass wir uns die Wirtschaft als eine aus vielen Sektoren bestehende Volkswirtschaft vorstellen müssen, oder als viele kleine Volkswirtschaften, die zu einer Volkswirtschaft zusammengefasst werden. Jeder Sektor ist von zufälligen Störungen betroffen. Nachfrage und Ausgaben verschieben sich zwischen diesen Sektoren. Und dies geschieht die ganze Zeit über. Zu jedem Zeitpunkt herrscht in einigen Sektoren Vollbeschäftigung, in anderen weniger als Vollbeschäftigung. […] Die implizite Ansicht von Tobin ist, dass Arbeitsmärkte wie Rolltreppen sind. Es gibt einen Schock; der lokale Arbeitsmarkt passt sich dann langsam wieder der Vollbeschäftigung an. Ein schnelleres Nachfragewachstum ist eine Möglichkeit, die Rolltreppe zu beschleunigen, so dass man schneller zur Vollbeschäftigung gelangt. Der Preis dafür ist jedoch die Inflation auf den Arbeitsmärkten in anderen Regionen, auf denen bereits Vollbeschäftigung herrscht.
Lesen Sie das Interview mit James Forder hier und das Interview mit Thomas Palley hier.
Kürzlich hat die OECD zwei deutschlandspezifische Studien vorgestellt: Der Wirtschaftsbericht für Deutschland 2023 untersucht die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes im Kontext globaler und nationaler Herausforderungen, darunter die anhaltende Energiekrise. Die Studie gibt politische Empfehlungen zur Stärkung des Aufschwungs. Ein Sonderkapitel analysiert, wie Deutschland seine ehrgeizigen Klimaziele erreichen. Gefordert wird unter anderem, Steuervergünstigungen abzubauen und die Verwaltung des öffentlichen Sektors zu modernisieren und zu reformieren. Außerdem soll die Steuerbelastung der Arbeitseinkommen gesenkt werden, dafür aber andere Steuern wie die Erbschafts-, Schenkungs- und Grundsteuer erhöht.
Der Umweltprüfbericht für Deutschland 2023 bewertet Deutschlands Fortschritt bei der Bewältigung umweltpolitischer Herausforderungen und untersucht, wie Ziele in den Bereichen Energie, Klima und Artenvielfalt mit einem integrierten Ansatz erreicht werden können. Besonderes Augenmerk liegt auf Deutschlands Energiewende und den Fortschritten auf dem Weg zu Klimaneutralität und nachhaltiger Mobilität. Ein Sonderkapitel nimmt das deutsche Engagement für Klimaanpassung und Investitionen in naturbasierte Lösungen unter die Lupe.
Die Hauptergebnisse des Berichts, zusammengefasst in einem Artikel der Zeit:
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Deutschland aufgefordert, ambitionierter zu handeln, um bis zum Jahr 2045 tatsächlich treibhausgasneutral zu werden. Die OECD appellierte bei der Übergabe ihres Wirtschafts- und des Umweltprüfberichts an die Bundesregierung, bestehende Klimamaßnahmen beschleunigt umzusetzen und neue Maßnahmen zu ergreifen – vor allem in Sektoren, die ihre Ziele nicht erfüllt haben. Bedarf sehen die Expertinnen und Experten dabei insbesondere beim Sektor Verkehr. So müsse es mehr öffentliche Investitionen in den Schienenverkehr geben – vor allem in den öffentlichen Nahverkehr, um die Anbindung dünn besiedelter Gebiete an die städtischen Zentren zu verbessern.
Ein neuer Policy Brief des Delors Centre geht der Frage nach das der US-amerikanische Inflation Reduction Act (IRA) für Europas Wirtschaft bedeutet. Die Studie quantifiziert welche dramatischen Auswirkungen die US-Subventionen auf Produktionskosten für verschiedene klimafreundliche Technologien in den USA, China und Europa haben könnten.
Der US Inflation Reduction Act (IRA) hat in Europa die Befürchtung geweckt, im globalen Wettlauf um grüne Technologien den Anschluss zu verlieren. Die EU-Mitgliedstaaten sind sich jedoch uneins darüber, ob das größere Risiko in zu viel oder zu wenig öffentlicher Intervention besteht. Im Kern herrscht nach wie vor Verwirrung darüber, welche europäischen Sektoren an Wettbewerbsfähigkeit verlieren werden, wie sehr die EU über diese Verluste besorgt sein sollte, und ob es Unterstützung auf EU-Ebene braucht, um wirtschaftliche Divergenz innerhalb der EU zu vermeiden. Unser Papier unternimmt einen ersten Versuch, die verfügbaren sektoralen Daten hinsichtlich dieser Fragen zu analysieren. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch den IRA die europäischen Produktionskosten in mehreren Sektoren unterboten werden. Dies bedeutet nicht, dass die EU das US-Programm imitieren muss. Aber es erfordert, dass die EU ihren bruchstückhaften Industrieplan für den Green Deal in eine kohärente Strategie umwandeln muss. Dies braucht eine stärkere Konzentration auf jene grünen Industrien, in denen Europa einen Wettbewerbsvorteil entwickeln kann, sowie eine stärkere gemeinsame Finanzierung auf EU-Ebene.
Die gesamte Studie gibt es hier.
So ungerecht ist das Vermögen in Deutschland verteilt – Artikel (Paywall)
Markus Zydra, Süddeutsche Zeitung, 24.04.23
Die Vermögen in Deutschland sind extrem ungerecht verteilt. Die zehn Prozent vermögendsten Haushalte besitzen 56 Prozent des gesamten Nettovermögens, so die Bundesbank in ihrem Monatsbericht, der am Montag veröffentlicht wurde. Die vermögensärmere Hälfte der deutschen Haushalte besitzt insgesamt gerade einmal drei Prozent des Nettovermögens.
Extreme Vermögen sind ein ernsthaftes Problem für demokratische Gesellschaften – Interview
Christoph Eisenring, NZZ, 20.04.23
Gabriel Zucman ist das Enfant terrible der Ökonomenzunft. Multinationale Firmen und ihre reichen Besitzer seien die grössten Profiteure der Globalisierung, sagt er – und die steigende Ungleichheit eine Gefahr für die Demokratie. Den Steuerwettbewerb sieht Zucman als das Paradebeispiel für eine schlechte Art von Wettbewerb.
Macron plant Reformen à la Hartz – Artikel
Niklas Zaboji, Süddeutsche Zeitung, 19.04.23
Nach der Rentenreform geht die französische Regierung schon an die nächste wirtschaftspolitische Großbaustelle. Paris macht Druck auf die Sozialpartner und strebt nach Vollbeschäftigung.
Die falsche Wahl zwischen Neoliberalismus und Interventionismus – Artikel
Yuen Yuen Ang, Project Syndicate, 18.04.23
In den vergangenen 40 Jahren haben die Vereinigten Staaten und andere westliche liberale Demokratien eine Politik verfolgt, die den Märkten Vorrang vor staatlichen Eingriffen einräumt. Aber wie China und sogar die USA gezeigt haben, sind Regierungen nicht auf eine binäre Wahl zwischen Laissez-faire und Top-down-Planung beschränkt.
Wie Ungleichheit die Klimatransformation blockiert – Blogbeitrag
Julia Cremer & Vera Huwe, Makronom, 17.04.23
Neue Forschungen zeigen, dass höhere Ungleichheit auch ursächlich für die Klimakrise ist. Notwendig ist daher eine klimasoziale Politik, um die Effektivität von Klimaschutzmaßnahmen zu steigern.
»Kontakte zu Reicheren sind der entscheidende Faktor für den Aufstieg« – Interview
Nicolas Abe, Der Spiegel, 16.04.23
Wer steigt auf im Leben, wer bleibt zurück – und wovon hängt das ab? Der Harvard-Ökonom Raj Chetty hat riesige Datenmengen ausgewertet. Er kann diese Fragen für jede Gegend der USA beantworten.
Mythos Verzicht: So funktioniert Klimaschutz nicht – Essay
Frank Wiebe, Handelsblatt, 05.04.23
Um die Welt zu retten, müssen wir das Wirtschaftswachstum stoppen oder sogar umkehren, heißt es. Das klingt plausibel, lenkt aber nur von einer konsequenten Klimapolitik ab.