Quick & New –
der New-Economy-Ticker
Aktuelle Nachrichten, Debatten, Vorschläge und Entwicklungen zum neuen ökonomischen Denken auf einen Blick.
Mit dem Lastenrad fahrendes grünes Großstadtmilieu gegen die Auto fahrende konservative Landbevölkerung. Dieser (vermeintliche) Gegensatz ist allgegenwärtig in der Klimadebatte. Doch was ist eigentlich dran an dieser Polarisierungshypothese? Ein neuer Bericht von Jan Eichhorn, Direktor von d|part, zeichnet ein differenzierteres Bild.
In Debatten zu Klimakrise und Energiewende wird oft ein Bild großer Unterschiede der
Einstellungen von in städtischen und ländlichen Regionen lebenden Menschen gezeichnet. Doch trifft das wirklich zu? Basierend auf repräsentativen Umfragedaten analysiert die vorliegende Studie, wie Menschen in verschiedenen Wohnortsumfeldern über klima- und energiepolitische Themen nachdenken. Dabei zeigt sich, dass es zwischen ihnen generell nur nuancierte Unterschiede in Ansichten zur Wichtigkeit der Klimakrise und der Präferenz für bestimmte Maßnahmen gibt. Allerdings unterscheiden sich die Profile der Menschen, die bestimmte Ansichten über Wohnortsumfelder hinweg teilen, teils deutlich. Das gilt insbesondere auch für Anhänger/innen verschiedener Parteien. Die Analyse zeigt deutlich, dass eine zielgruppenorientierte Ansprache zu Klima- und Energiepolitik dann erfolgversprechend ist, wenn persönliche Charakteristika von Menschen und ihr
Wohnortsumfeld gemeinschaftlich betrachtet werden.
Den ganzen Bericht gibt es hier.
Das Ringen um die grüne Notenbank – Artikel
Christian Siedenbiedel, FAZ, 26.07.2023
Die EZB hat im Juli ihre Anleihekäufe nach Klimakriterien praktisch eingestellt. Greenpeace spricht von einem „gebrochenen Versprechen“. Es gibt neue Ideen – doch die haben einen Haken.
Schulden, Wasserstoff, Inflation – der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze und die Wirtschaftsweise Veronika Grimm haben große Differenzen. Wer hat die besseren Argumente?
Vor den Wahlen in Italien im vergangenen Herbst wurde Giorgia Meloni weithin als Bedrohung dargestellt. In diesem Sommer wurde ihr alles verziehen – ihre jugendliche Bewunderung für Benito Mussolini, die Verbindungen ihrer Partei zu Neofaschisten, ihre oft extreme Rhetorik -. Frau Meloni, die für ihre Sachlichkeit und ihre Unterstützung für die Ukraine gelobt wurde, hat sich als verlässliche Partnerin des Westens etabliert, die bei Treffen der Gruppe der 7 und bei NATO-Gipfeln gleichermaßen im Mittelpunkt steht.
Die Rechte Mitte in Deutschland nähert sich, wie viele ihrer Pendants in anderen europäischen Ländern, den Nationalisten an, weil sie nicht mehr weiß, wofür sie steht.
KI verändert alles – Artikel
Harold James, Project Syndicate, 26.07.2023
Während frühere technologische Entwicklungen das menschliche Verhalten und Erscheinungsbild veränderten, wird der rasante Aufstieg der künstlichen Intelligenz die grundlegenden sozialen und politischen Überzeugungen der Menschen umgestalten, auch was das Wesen und die Rolle des Staates betrifft. Der Einsatz von autonomen Waffen im Krieg ist ein Beispiel dafür.
Das Wirtschaftsministerium sucht nach Wegen, Wohlstand jenseits der Wachstumszahlen zu definieren. Bevölkerung, Wissenschaft und Wirtschaft sind zur Teilnahme aufgerufen.
Wer ein Unternehmen erbt und die Erbschaftsteuer nicht zahlen kann, bekommt es steuerfrei übertragen. Im vergangenen Jahr wurden 24 Menschen so 1,4 Milliarden Euro erlassen. Ist das ein Steuertrick?
Wir haben enge, aber erdrückende soziale Netze gegen ein kapitalistisches Sicherheitsnetz eingetauscht, das uns moderne Lebensoptionen bietet. Jetzt haben wir beides nicht mehr.
Die zunehmende Ungleichheit ist eine Herausforderung für das multilaterale System, schreibt Jayati Ghosh, das sie zunächst richtig messen muss.
Macht Staatsgeld glücklich? – Artikel
Mark Schieritz & Petra Pinzler, die Zeit, 19.07.2023
Muss der Staat Milliarden in die Wirtschaft kippen, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt – und sicher vor politischen Turbulenzen? Ja, sagt die grüne Staatssekretärin Franziska Brantner. Der Ökonom Stefan Kolev hält das für einen Irrweg.
Der US-Verbraucherschutz geht Präsident Joe Biden nicht weit genug. Bei einem Auftritt wetterte er gegen unfaire Firmenfusionen – und den Mietmarkt: »Die Leute sind es leid, für dumm verkauft zu werden.«
Was, wenn die EU rechts wird? – Artikel
Mark Schieritz, die Zeit, 20.07.2023
Die EU gilt als liberales Projekt. Nun könnten nationalistische Kräfte die Macht in Brüssel übernehmen und die EU nach den eigenen Vorstellungen umbauen.
Nein, ihr gehört nicht zur Mittelschicht – Artikel
Nils Wischmeyer, Süddeutsche Zeitung, 15.07.2023
Menschen zählen sich zur Mitte der Gesellschaft, obwohl sie Topverdiener sind oder arm. Das führt zu falschen politischen Entscheidungen. Es gibt nur einen Ausweg: Gehaltszettel auf den Tisch.
Vor allem Union und FDP reden gern von Leistung und Leistungsfähigkeit. Beim Umbau des Steuersystems in diese Richtung verdrücken sie sich aber lieber.
Vollzeitarbeit ist keine Lösung – Artikel
Jutta Allmendinger, Die Zeit, 19.07.2023
Endlich werde über Armut, Familien und Fürsorge gestritten, schreibt die Soziologin Jutta Allmendinger. Das sind ihre Vorschläge für eine moderne Familienpolitik.
Elf Thesen zur Globalisierung – Artikel
Branko Milanovic, Substack, 18.07.2023
In letzter Zeit wurde viel über die Globalisierung und ihre Auswirkungen, insbesondere auf Armut und Ungleichheit, diskutiert, und es wurden viele widersprüchliche, teilweise sogar absurde Aussagen gemacht. Hier sind elf Thesen zur Globalisierung.
Taking Aim at Sellers’ Inflation – Artikel
Isabella M. Weber, Project Syndicate, 13.07.2023
WirtschaftswissenschaftlerInnen und PolitikerInnen in multilateralen und europäischen Institutionen haben endlich akzeptiert, dass die Unternehmensgewinne heute eine der Hauptursachen für die Inflation sind. Doch die richtige Analyse ist nur der erste Schritt; jetzt brauchen wir eine grundlegende Änderung der Art und Weise, wie wir das Problem angehen.
Brüssels Wirtschaftschef sagt, dass die EU Milliarden von Euro in kritische Industrien pumpen muss, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.
Die Vereinigten Staaten erleben einen Investitionsboom, der auf industriepolitische Maßnahmen zurückzuführen ist, die enorme Subventionen – auch für europäische Unternehmen – für Investitionen in Amerika, vor allem im Bereich der grünen Technologien, gewähren. Europa reagiert unterdessen mit einer Rückkehr zur Sparpolitik, die es überhaupt erst hinter die USA zurückfallen ließ.
In den 1980er Jahren initiierte Ronald Reagan eine Wirtschaftspolitik, die auf der ganzen Welt Nachahmung fand und als „Reaganomics“ bekannt wurde. Nun führt Joe Biden mit „Bidenomics“ einen neuen Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik ein. So argumentiert Max Krahé in einem jüngst erschienenen Beitrag für den Blog Politik&Ökonomie. Und er ist damit nicht allein: die Financial Times spricht von einer »revolution in economic policy«. Und auch zahlreiche deutsche Medien berichten staunend über die wirtschaftspolitische Wende aus Washington.
Doch was hat diesen Wandel angestoßen und was genau verbirgt sich hinter „Bidenomics“? Und wie sehen die vorläufigen Ergebnisse der zahlreichen Maßnahmen aus? Dem geht Krahé in seinem Beitrag nach.
Die Quintessenz: das Scheitern des vorherigen, marktliberalen Paradigmas lies keine andere Wahl als eine wirtschaftspolitische Neuausrichtung (und das sagt nicht Krahé, sondern Jake Sullivan, Joe Bidens nationaler Sicherheitsberater). Es erodierte die amerikanische industrielle Basis, destabilisierte die Demokratie und blieb Antworten auf die Klimakrise schuldig. Auch die neue geopolitische Situation spielt eine Rolle.
Den Kern von Bidenomics bilden drei Gesetze: IRA, CHIPS, und das Infrastrukturgesetz. Aber was haben sie gebracht? Krahé attestiert den Programmen „viel Licht und ein bisschen Schatten“ – so sei das Investitionslevel trotz hoher Zinsen stark gestiegen, der vor-Corona-Wachstumspfad sei wieder erreicht, und höhere Emissionsreduktionen realistisch. Gleichzeitig bestehe die Gefahr dass einzelne Branchen übersubventioniert würden – ein finanzielles Fass ohne Boden.
Den ganzen Kommentar gibt es hier zu lesen.
Fokus auf Produktivität, nicht auf Technologie – Artikel
Dani Rodrik, Project Syndicate, 07.07.2023
Wissenschaftliche und technologische Innovationen sind zwar notwendig für ein Produktivitätswachstum, das die Gesellschaften bereichert, aber sie sind nicht ausreichend. Ohne die richtigen flankierenden politischen Maßnahmen kann der technologische Fortschritt nicht zu einer dauerhaften Verbesserung des Lebensstandards führen und in einigen Fällen ein Land sogar zurückwerfen.
Wer ist hier reich? – Artikel
Franz Kotteder, Süddeutsche Zeitung, 10.07.23
Deutschland verliert seine Mittelschicht. Das ist kein Grund zur Häme. Die Debatte ums Elterngeld zeigt: Wir brauchen eine neue Solidarität.
Der Haushalt schwächt Deutschlands Wohlstand – Artikel
Marcel Fratzscher, die Zeit, 07.07.23
Bundesfinanzminister Christian Lindner will die Schuldenbremse einhalten, mehr Investitionen, aber keine Steuererhöhungen. So erreicht er nichts davon.
Außer die Dinge noch schlimmer zu machen, nachdem sie von selbst verschwunden ist.
Die Vereinigten Staaten verändern die Spielregeln der Weltwirtschaft, sagt der Historiker Adam Tooze. Sicherheit werde wichtiger als Wohlstand. Deutschland müsse sich anpassen und mehr Geld ausgeben.
Debattenmonitor Fachkräftemangel – Artikel
Susanne Erbe, Makronom, 03.07.2023
In einer Makronom-Serie haben Forscherinnen und Forscher die diversen Aspekte des Fachkräftemangels aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Ein neuer Debattenmonitor bündelt diese und weitere Erkenntnisse zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaftspolitik.
Dieses Ziel sollte einer öffentlichen Prüfung unterzogen und an den aktuellen Erfordernissen gemessen werden.
„Die CDU muss sozialer auftreten“ – Artikel
Robert Roßmann, Süddeutsche Zeitung, 11.07.23
Der Arbeitnehmerflügel kritisiert, die Parteispitze vernachlässige soziale Themen – das schade auch in der Auseinandersetzung mit der AfD. Doch jetzt macht Friedrich Merz ausgerechnet Carsten Linnemann zum Generalsekretär.