NEUES LEITMOTIV

Forum-Newsletter: Alle sind für Bürokratiebbau - bei den anderen / Short Cut mit Patrick Bernau, Georg Diez, Johanna Sieben

Aus unserer Forum New Economy Newsletter-Reihe

VON

THOMAS FRICKE

VERÖFFENTLICHT

24. OKTOBER 2025

Liebe Freunde, Kolleginnen und Kollegen, 

es hat etwas Schizophrenes, wenn die Deutschen über Bürokratie klagen. Da gibt es die, die über grüne Regelungswut schimpfen, ihren Anwalt aber sofort einschalten, wenn das Windrad nicht gemäß der Abstandsvorschrift aufgestellt wird. Oder die tags mit libertärem Duktus gegen Gesetzeswut wettern, um Punkt 22 Uhr aber die Polizei zu rufen, wenn die Nachbarn zu laut auf der Terrasse sitzen.

Da gibt es Konzernlenker, die Jahre gegen strenge Umweltvorschriften gekämpft und als Alternative Berichtslegung durchgesetzt haben – um jetzt über die Flut von Berichtspflichten zu klagen. Oder Handwerker, die über Bürokratie wettern, aber als erste aufgeschrien haben, als unter Gerhard Schröder mal der Meisterbrief als Vorschrift abgeschafft wurde (worauf er wieder eingeführt wurde).

Kein Zweifel: Es spricht eine Menge dafür, dass es ziemlich viel Bürokratie abzubauen gäbe. Umso wichtiger wäre nur, noch einmal besser zu verstehen, wofür Regeln da sind, was wirklich gut und nötig ist, und was nicht – jenseits der meist sinnentleerten Talkshow-Pauschalklagen. Natürlich ist Bürokratie für den, den sie trifft, per se erstmal unangenehm. Wichtig ist, ob der Nutzen den Aufwand legitimiert – und was sich auch ohne Regeln regeln ließe. Mancher Ruf nach Abbau ist ja am Ende auch Vorwand, plumpe Interessen durchzusetzen – etwa wenn es um Regeln wie den Mindestlohn geht, die vor dem Ausnutzen einer schiefen Machtbalance im Niedriglohnsektor schützt.

Wie sich wirklich schlau Bürokratie abbauen ließe, werden wir am Dienstag in unserem nächsten New Economy Short Cut besprechen – mit Patrick Bernau von der Frankfurter Sonntagszeitung, der gerade ein Buch dazu geschrieben hat, ebenso wie mit Georg Diez, Senior Advisor bei ProjectTogether, und Johanna Sieben, Direktorin des Creative Bureaucracy Festivals. Das Ganze am 28. Oktober online ab 15 Uhr – zur Anmeldung geht’s hier.

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Einige der wichtigsten Beiträge zum Berlin Summit im Juni sind jetzt übrigens in Intereconomics erschienen – darunter von Adam Tooze zum schillernden Vorbild Bretton Woods, von Ian Goldin zu einer neuen Migrationspolitik, von Robert Gold zu neuen Fragen für die Populismusforschung und von Eric Lonergan und Isabella Wedl zu einer neuen positiven Klimapolitik.

A propos Anmeldung: Wie es um die Chancen steht, das große deutsche Schuldenpaket zu einem wirklichen Investitionspaket für Deutschland zu machen, loten am 28. November in unserem Symposium führende Experten und Praktiker aus, darunter die Vorsitzende im Finanzausschuss und frühere Familienministerin Lisa Paus, die Bürgermeisterin von Spremberg Christine Herntier, und Achim Truger aus dem Sachverständigenrat. Anmeldungen hier.

Ein schönes Wochenende,

Thomas Fricke

Dieser Text stammt aus unserer zweiwöchig erscheinenden Newsletter-Reihe. Zur Anmeldung geht es hier.

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