DER STAAT

Rechnet Großbritannien die Corona-Krise klein?

Nach neuen Statistiken könnte die Zahl der Todesopfer in Großbritannien höher sein als bisher angenommen. Der Grund dafür könnte in den Berechnungen der Todesfälle in Pflegeheimen und Privatwohnungen liegen.

VON

THORE BECKMANN

VERÖFFENTLICHT

15. APRIL 2020

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Während sich Großbritannien der Zahl von 100.000 gemeldeten Fällen des Coronavirus nähert, schätzen neue Statistiken des staatlichen Amtes für nationale Statistiken die Zahl der Todesfälle durch das Coronavirus um 10 % höher ein, als offiziell mitgeteilt wurde. Die offizielle Zahl von 12.107 Todesfällen berücksichtigt nicht die Menschen, die in Pflegeheimen und in ihren eigenen Häusern sterben.

Unterdessen geht das Office for Budget Responsibility davon aus, dass die britische Wirtschaft im zweiten Quartal um 35 % schrumpfen könnte. Darüber hinaus könnten Millionen von Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren.

Schatzkanzler Sunak hat diese Schätzungen nicht zurückgewiesen, sondern argumentiert, dass sich die Wirtschaft nach Aufhebung der Sperre schnell erholen könnte. Dies steht in krassem Gegensatz zur Meinung vieler Wirtschaftswissenschaftler. Simon Tilford, Forschungsdirektor beim Forum New Economy, wird in der New York Times wie folgt zitiert:

„Ich glaube nicht, dass sich das Vereinigte Königreich so stark erholen wird, wie die Daten des O.B.R. vermuten lassen“, sagte Simon Tilford, Forschungsdirektor beim Forum New Economy, einem Wirtschaftsforschungsinstitut. Er geht davon aus, dass ein Schock dieses Ausmaßes der Wirtschaft keinen dauerhaften Schaden zufügen wird.

Es sei schwierig, den entgangenen Konsum, insbesondere im Dienstleistungssektor, wieder aufzuholen, so Tilford, der die langfristigen Prognosen als zu optimistisch bezeichnete. Der Bericht gehe davon aus, dass es möglich sei, „die Wirtschaft in eine Tiefkühlphase zu versetzen und sie dann sofort wieder zum Leben zu erwecken“, fügte er hinzu.

Den vollständigen Artikel der New York Times finden Sie hier: Unterschätzt Großbritannien die menschliche und wirtschaftliche Belastung durch das Coronavirus?

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Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

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